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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 54.1919

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Heft 3
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52



Französisches Hetzbild mit amtlichem Bericht. — „In Triaucaurt wurde eine fünfundsiebzig Jahre
alte Frau, Madame Maupoux, so heftig mit Stiefelabsätzen getreten, daß sie einige Tage
o darauf starb...." o

Französisches Hetzbild mit amtlichem Bericht. - „In Wacherzell wurde ein Jüngling an einen
Baum gebunden. Man belustigte sich damit, seinen schwächlichen Körper zur Zielscheibe für
o Degenstiche zu machen." o



Hehbild mit amtlichem belgischem Bericht. — „Am 20. Oktober 191-4 fand man bei
einem Gefangener» zwei abgeschnittene Kinderhände.... Die Familienväter jen-
seit des Rheins nehmen ohne Scham .

Aus: kire rou?e« vom 4. August 1917. Überschrift: „Die
Friedensbedingungen der Alliierten". Vorn aus eurer Platte
liegen als Sinnbild der völligen Nbergabe die Schlüssel.

mung zu halten gesucht, man hetzt und geifert wider uns in der ganzen
Welt, und die schamloseste Lüge ist zum grossen Mittel der Ententepolitik
geworden. Kein Winkel des Erdballs ist frei von den gemeinsten Ver-
dächtigungen, die man in allen Sprachen verbreitet in Wort und mehr
noch im Bild. Die Fabel der Elsässer
Nonne und der Wirtin aus der Cham¬
pagne wurde auf die verstümmelten
Kinder des „schuldlosen, meuchlings
überfallenen Belgiens" übertragen. Des¬
selben Belgiens, dessen Soldaten in den
Kongokriegen sich des nachweisbaren Ver¬
brechens schuldig machten, Negern die
Hände abzuhacken. Unaufhörlich sind
unsere unwürdigen Gegner am Werk ge¬
wesen, uns der Welt als Vernichter der
Kunstdenkmale — natürlich ohne mili¬
tärische Notwendigkeit — hinzustellen.
Wir sind feige wie die Hasen, hinterlistig
über jeden Vergleich, der siegende und
der sich ergebende Deutsche ist ein wildes
Tier. Wir zerstören, plündern, rauben
und morden; wir sind Diebe, Schinder
und Schänder, Mordbrenner, Barbaren,
Hunnen und — Halbtiere. Alles faßt ohnmächtiger Has; in den Schimpf-
namen zusammen: Looks! Unsere ganze „Kultur" ist eigentlich ein von
der deutschen sogenannten „Wissenschaft" gezüchtetes Halbgorillatum. —
Ferdinand Avenarius hat in einem Buch „Das Bild als Narr" eine
Unzahl von diesen Mitteln der Völkerverhetzung
zusammengestellt. Unglaublich, das; dieser Krieg
so lange währt, denn aus den Schimpf-, Wut-
-und Zerrbildern sehen wir die jämmerlichen Ge¬
stalten des deutschen Heeres, wie sie die Hände
hochheben und auf den Knien um „Pardon"
betteln und winseln. Wenn Kinder ein Ofen¬
rohr hinlegen, das einer Kanone gleicht, werfen
sich die Feiglinge auf die Knie. Aber diese Halb¬
tiere brechen geifernd auch über niedergebrannte
Häuser und Leichen ins Land. Wo der „Boche"
Zerstörung sieht, ruft er aus: „Aha, unsere Sol¬
daten sind schon da!" Eine Kuh steht vor einem
mit deutschen Gefangenen vollgepfropften Vieh¬
wagen ; unter dem Bild die Worte: „Immer noch
unsere Wagen voll mit Boches, und nachher wird
man uns — das Vieh — zwingen, darin zu
reisen." Hätten wir es nicht zur ewigen Schande
der „grrncis Nation" und zu unserem tiefsten
Schmerz erfahren, wie man unsere gefangenen
Männer behandelt, die Hetzzeichnungen würden
es uns und der Welt verraten. Mit Vorliebe
stellt man Mißhandlungen dar, von farbigen
Franzosen begangen! Zu einer viehisch ver¬
hunzten, angstschlotternden Gestalt mit dem
Eisernen Kreuz erber Klasse auf der Brust lagt
hohnvoll ein Schwarzer, der ein Messer in der

Hand hält: „Keine Furcht haben, Schafskopf! Mohammed niemals essen
Schwein..." Ein französischer Soldat schreit gefangene Deutsche an:
„Ihr seid nun drei Monate hier; eure Miete her, oder ich hau' euch die
Schnauze kaput!" Eine doppelseitige farbige Zeichnung der Zeitschrift
„La Lazwnstts" zeigt drei deutsche Ge-
fangene hinter einem Stacheldraht; neben
ihnen steht eine Tafel mit der Aufschrift:
„Seid gut zu den Tieren!" Sollte man
jemals wagen, die Mißhandlung unserer
Kriegsgefangenen zu leugnen, zahllose
ähnliche Blätter würden Zeugnis ab-
legen für die maßlose Roheit des „ersten
Kulturvolks der Erde". Aber diese Deut-
schen sind ja nur Tiere! Man freut sich
im voraus an der Wirkung der „Hunger-
blockade", wenn Deutschland in Lum-
pen gehüllt, halbnackt, „seine Pferde-
rüben" oder seine „eigenen Gedärme
frißt"! Ein englischer Tierbändiger steht
vor einem Käsig, in dem ein deutscher
Krieger -— „eine Bestie" — verzweifelt
an den eisernen Gitterstäben rüttelt;
und Tommy Atkins erklärt gemütvoll:
„Das Tier wird wilder, das macht der Hunger!" Wundervoll findet man
es, im Bild zu zeigen, wie deutsche Kinder hungern! Ein Schwein und
ein deutscher Soldat balgen sich um Nahrung, und darunter steht: „Zwei
Deutsche streiten sich um eine Kartoffel." In einer ganzen Reihe
von Blättern sind die Verbrechen dargestellt, die
unsere Männer angeblich an unmündigen Kindern
begehen; sie hacken den „unschuldigen Kleinen
und ihren Müttern" die Hände ab. Sie stehlen,
sengen und brennen. Ein deutscher Offizier
füllt eine Kiste mit geraubten: Gut, und der
Bursche fragt: „Herr Leutnant, soll ich auch
die Hände des kleinen Mädchens einpacken?"
Genug von solchen Schamlosigkeiten, die nicht
etwa von Winkelblättern verbreitet werden.
Nein, es sind große, in allen Kreisen verbreitete
Zeitungen, die solchen Unrat ihren Lesern bieten.
Welch eine Fratze grinst uns daraus als Spiegel-
bild der Seele unserer Gegner entgegen? Wie
man sich nach solchen Eemütsoffenbarungen die
siegreichen Feinde und ihr Tun im Lande vor-
zustellen hätte, zeigt das Bild: „Die Sieges-
bedingungen der Alliierten." Nackt bis aufs
Hemd und mit der Schlinge um den Hals,
fertig zum Galgen! Was würde Graf Eobineau
heute sagen, der angesichts der dagegen harm-
losen Niedrigkeit von 1870 schrieb, daß der
damalige „ganze traurige Krieg aus diesem
Grunde noch trauriger war als aus irgend
einem anderen". Was wir daraus heule zu
lernen haben, ist kurz gesagt: „Deutschland,
werde hart l" Si. St.
 
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