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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 54.1919

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Heft 5
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https://doi.org/10.11588/diglit.44086#0106
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Der bargeldlose Zahlungsverkehr,
atz das Aufspeichern von Geld daheim ein ganz verkehrtes,
keinem nützendes Unterfangen ist, mutzte jeder Besonnene
selbst einzusehen vermögen. Leider können aber viele noch
immer nicht begreifen, dah Münzen und Papiergeld überhaupt
möglichst aus dem Umlauf ausgeschaltet und dafür der bargeld-
lose Zahlungsverkehr zur Regel werden mutz. Gold braucht die
Neichsbank als Deckungsmittel für die von ihr ausgegebenen Bank-
noten,' je weniger aber diese im Zahlungsverkehr verwendet, je
niehr sie durch bargeldlose Verrechnung entbehrlich werden, in
desto beträchtlicherem Umfang kann der Goldbestand der Reichs-
bank zur Bezahlung der Einfuhren aus neutralen Ländern ver-
wendet werden. Da auf diese Weise dem Sinken des auswärtigen
Wech elkurses vorgebeugt, die Valuta, der Wert des heimischen
Geldes, verbessert wird, ist diese Matzregel besonders für die Über-
gangswirhchaft für die Allgemeinheit von grösster Wichtigkeit.
Der bargeldlose Verkehr erspart das unnütze, beschwerliche Herum-
schleppen von Münzen in öffentlichen und privaten Kassen,
schränkt den Gebrauch des Papiergeldes ein und bedient sich statt
dessen der Verrechnung auf Bankkonten. Für den praktisch veran-
lagten Briten ist Scheckverkehr die Regel, Barzahlung die Aus-
nahme. Auch Frankreich hat Matznahmen getroffen, die Ab-
lieferung des Bargeldes durchzuführen. Ein Zurückbleiben
Deutschlands wäre geradezu unverantwortlich.
Zn Deutschland bestehen drei Einrichtungen zum bargeld-
losen Ausgleich: bei der Reichsbank durch Scheck oder Zahlungs-
überweisung (Reichsbankgiro), bei den Privatbanken im Giro-
verkehr und drittens bei den Postscheckämtern tPostscheckverkehr).
Ausserdem können alle unter behördlicher Aufsicht stehenden Spar-
kassen sowie die in das Genossenschaftsregister eingetragenen Ge-
nossenschaften Zahlungen auf dem bargeldlosen Weg vermitteln.
Von den genannten Verrechnungsmethoden ist die Zahlung
mittels Schecks die verhältnismähig unvollkommenste, aber immer-
hin eine unentbehrliche Ergänzung der beiden Arten der Giroüber-
weisung, da sie auch solchen Personen die Beteiligung an der bar-
geldlosen Zahlungsweise ermöglicht, die kein eigenes Girokonto
haben. Man unterscheidet Schecke, die guer über die Vorderseite
den Vermerk „Nur zur Verrechnung" tragen, und solche ohne
diese Aufschrift. Die letzteren erfüllen die Aufgabe, die Bargeld-
zahlung auszuschalten, nur unvollständig, weil diese „Barschecks"
solchen Empfängern gegenüber zur Anwendung kommen, die
doch bare Auszahlung in Anspruch nehmen, weil sie kein zur Ver-
rechnung geeignetes Bankkonto haben. Es ist deshalb zu wün-
schen, datz jedermann entweder beim Postscheckamt oder bei einer
Sparkasse, einer Genossenschaft oder auch, wenn nicht bei der
Reichsbank, bei irgend einer anderen Bank ein Konto besitzt. Die
Einrichtung eines solchen ist ohne weitere Umstände dadurch zu
bewirken, datz bei einem der eben genannten, zum Überweisungs-
verkehr gesetzlich berechtigten Institute eine Stammeinlage ein-
gezahlt wird. Die Höhe richtet sich nach dem Umfang, in dem
dieser Zahlungsverkehr in Anspruch genommen wird, ist aber
infolge der Festsetzung einer bescheidenen Mindestgrenze gering.
Die Einlage kann jederzeit, soweit sie nicht durch Zahlung ver-
braucht ist, zurückgezogen werden. Ist der Vermerk „oder Über-
bringer" beigefügt, so gilt der Scheck stets als auf den Inhaber
ausgestellt. Innerhalb der gesetzlichen Frist von zehn Tagen
wird der Scheck dem Zahlungsempfänger oder der Verrechnungs-
stelle ausgehändigt. Sobald die Auszahlung erfolgt ist, wird
der Scheck durch den Stempelaufdruck „Bezahlt" ungültig ge-
macht und aufbewahrt. Trägt dagegen der Scheck den Ver-
merk „Nur zur Verrechnung", so kann die Zahlung nur in Form
einer Gutschrift auf das Konto des Empfängers erfolgen, Bar-
zahlung wird vermieden. Um dem Empfänger sofort Gewißheit
zu geben, datz der Scheck eingelöst wird, ist die Einrichtung des
„bestätigten" Schecks getroffen. Auf der Rückseite desselben ist
ermerkt, vatz sich die Reichsbank zur Einlösung verpflichtet.

Zur Errichtung eines Postscheckkontos, dessen Benützung er-
freulich zunimmt, ist nichts weiter erforderlich als die Ausfüllung
eines Antragformulars bei der nächsten Postanstalt und Ein-
zahlung einer Stammeinlage von 25 Mark. Die Ersparnis an
Portokosten ist so bedeutend, datz man nicht begreift, datz sich
noch immer so viele diesen Vorteil entgehen lassen. Während
zum Beispiel eine Zahlung von 200 Mark mittels Postanweisung
40 Pfennig, eine solche von 400 Mark sogar 50 Pfennig kostet,
betragen die Unkosten einer Überweisung in gleicher Höhe von
einem Postscheckkonto auf ein anderes seit 1. April 1018 keinen
Pfennig, für eine Zahlkarte auf ein Postscheckkonto 10 Pfennig.
Briefe der Postscheckkunden an die Postscheckämter werden porto-
frei befördert, wenn die von der Postverwaltung vorgeschriebenen
Briefumschläge benützt werden. Seit dem 1. April hat auch nicht
mehr der Empfänger, sondern der einzahlende Teil die Kosten zu
tragen, indem jetzt die Zahlkarten mit Marken freigemacht werden
müssen. Die Gebühr beträgt bei Beträgen bis zu 25 Mark 5 Pfen-
nig, darüber 10 Pfennig. Eine besondere Bequemlichkeit des
Postscheckoerkehrs besteht darin, datz der Inhaber eines Postscheck-
kontos auf Antrag täglich alle für ihn eingehenden Post- und
Zahlungsanweisungen — auch durch Postauftrag und Nach-
nahme eingezogene Beträge — auf seinem Postscheckkonto gut-
geschrieben und über alle Eingänge und Aufträge des Tages am
nächsten Morgen einen Auszug, der die Höhe des Guthabens
enthält und dem die Abschnitte aller für ihn eingegangenen Zahl-
karten und Anweisungen beiliegen, übersandt erhält.
Der Giroverkehr der Banken umfasst ein über die ganze Welt
gespanntes Netz. Während Neichsbank und Post die Guthaben
nicht verzinsen, wird das Eiroguthaben von den Privatbanken
in der Regel mit ein bis zwei Prozent verzinst. Gehalts- oder
Nenteneinzahlungen und anderseits Entrichtungen der Miet-
beträge, Zinsen an Gläubiger oder Beiträge an Versicherungen
oder sonstige Kassen, kurz, alle nur erdenklichen Zahlungen des
täglichen Lebens — von kleinen Käufen für den Haushalt abge-
sehen—, sollten zur Förderung des bargeldlosen Verkehrs wie im
eigenen Interesse nur auf diesem Wege vorgenommen werden.
Das Eirosystem der Reichsbank ist vollends so vollkommen
ausgebaut, so sicher und musterhaft in jeder Beziehung, wie bei
keiner Notenbank der Welt. Haben beide Teile, zwischen denen
ein Zahlungsausgleich stattfinden soll, Reichsbankgirolonto, dann
erfolgt die Anweisung mittels eines sogenannten roten Schecks,
der ein Auftrag zur Übertragung von einen, Girokonto auf das
andere ist. Hat dagegen nur der Empfänger Girokonto, dann
kann die Einzahlung trotzdem bei jeder Reichsbankstelle auf das
Konto des Adressaten gegen die geringe Gebühr von einem Zehntel
vom Tausend — mindestens aber 30 Pfennig — erfolgen.
Dadurch, datz die Post an das Neichsbankgiro angeschlossen
ist, ist die Möglichkeit geschaffen, datz alle für den Konteninhaber
eingehenden Zahlungen und auf seinen Namen lautenden Nach-
nahmen nicht mehr an ihn bar ausgezahlt zu werden branchen,
sondern ihm oder in seinem Auftrag einem Dritten gutgeschrieben
werden. Dieser Überweisungsverkehr ist völlig kostenlos. Auch
die Postscheckämter sind mit dem Giroverkehr der Reichsbank
verbunden, so datz der Inhaber eines Girokontos Überweisungen
auf sein Postscheckkonto kostenlos, auf das anderer Personen
gegen eine Gebühr von 10 Pfennig vornehmen lassen kann.
Die Vorteile des Scheck- und Überweisungsverkehrs sind so
erheblich, datz es unbegreiflich ist, datz noch so viele Angehörige
jeden Standes den Fortschritt durch ihre rückständige, gleichgültige
Nichtbenützung aufhalten. Diebstählen würde vorgebeugt, Kassen-
boten und Eeldbriefträger würden weniger gefährdet sein, und
die Befürchtung, bei Feuersbrunst Geld einzubützen, wäre viel
geringer, wenn durch den bargeldlosen Verkehr die Aufbewah-
rung und das Herumschleppen von Geld unnötig oder doch sehr
stark eingeschränkt würde. Die Säumigen sollten auch im eigenen
Interesse bedenken, datz das Geld daheim keine Zinsen bringt,
wohl aber das Guthaben aus dem Girokonto. H. R.
 
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