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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 54.1919

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Heft 22
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https://doi.org/10.11588/diglit.44086#0425
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DasBuchsüvAlle

Heft 22





Als der Wendel seine langatmige Erzählung beendigt, wobei
seine Stimme zuletzt merklich gezittert hatte, nahm er den Kasten,
schloß ihn auf und schob ihn dem Professor zu.
„So, Herr," sagte er, „dös is das Geld, dös mir die Kloster-
frau bracht hat. Das Zins ist aa dabei, denn's Maidli hat nichts
braucht. Die Burgei hat schon g'sorgt, denn bei uns hat's koa
Not."
Gerührt drückte der Professor die schwieligen Hände des
Fischers. „Ihr habt mehr getan, als ein Vater tun kann, Ihr
und Euer Weib. Wie soll ich Euch all Eure Liebe vergelten?"

Um die bärtigen Lippen des Alten zuckte es verräterisch, und
es wetterleuchtete unter den buschigen Brauen, als er sagte:
„Dös braucht Ihr nit, Herr, aber i bitt' schön, daß das Mädi
uns lieb b'hält, dös möcht' i gern."
Tiefe Bewegung zitterte in Heinz nach, als er den Hof des
alten Klosterfischers verließ und dem Easthause zuschritt.
Dieser biedere Alte, nach außen rauh und im Innern das
Herz eitel Liebe und Sorge, hatte mit seinem Weibe sein Kind
erzogen, gehegt und gepflegt, es zu allem Guten angehalten.
Und nun kam er und wollte den Alten diesen Schah nehmen?

D-fr 22

DcisLuchfürAtle


Er gelobte sich, wenn Gott ihm sein Kind ließ, wenn Mech-
thild gesundete, wie er es so heiß erflehte, dann sollten die alten
biederen Fischersleute nicht von ferne stehen. Sie sollten auch
ihren Teil an Mechthild haben, wenn es auch ein schweres
Opfer für ihn selbst werden mußte.
Umsonst hatte der Professor versucht, dem alten Wendel
das Geld aufzudringen, das die Fischersleute nicht für Mech-
thild verbrauchten, sondern zu einem Schatz für sie ange-
sammelt hatten, aber die beiden Alten hatten sich standhaft
geweigert.

Nast in El Kantara.
Da war dann Heinz mit dem Fischer übereingekommen, unter
Zustimmung Mechthilds das Geld dem Marienkloster zu weihen.
Er trug dadurch gewissermaßen eine Schuld gegen die frommen
Frauen ab.
Schwester Jrmintraud, die so still schlief, würde gewiß milde
lächelnd zustimmen, wenn sie wüßte, wie dankbar er der Stätte
gedachte, wo sein Kind erblühte, wo sein Weib gelitten hatte
und gestorben war.
Das schwere Herz wurde ihm fast leicht, als er ins Gast-
haus trat. Gorlsetzung solgt.«
 
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