Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft 12

Das Buch für Alle

I9Z

schöpfes, des rabengroßen Schirm- oder Kropfvogels, wie er nach seinem
auffallenden Schmucke heißt. Meist liegt der Schirm und Federlatz zwar
eng dem Körper an, um nicht beim Durchschlüpfen des Astgewirrs zu
hindern, doch in der Ruhe wird er aufgerichtet, und auch der lang herab-
hängende Kropfsack pendelt dann hin und her und trägt durch seine Reso-
nanz wohl dazu bei, daß der Ruf des doch verhältnismäßig kleinen Vogels
wie das ferne Brülleri eines Stieres dröhnt. Weit imposanter aber wirkt
die fächerförmige Krone der danach benannten Taube, die fein zerschlissene,
bei einer anderen Art an ihren Enden spatelförmige und weißgesäumte
Federn bilden. Mit ihrem blaugrauen Gefieder, zu dem die rötlichbraune
Brust hübsch kontrastiert, den roten, weiß überpuderten Füßen und den
scharlachroten Augen ist diese Krontaube ein anmutiger Vogel, dem Ver-
gewaltige Kopfputz ein überraschendes Gepräge gibt. Sie ist, da reichlich
hühnergroß, der Riese unter den Tauben und deshalb auch zu längerem
Flug zu schwer, drum tummelt sie in kleinen Trupps sich auf den Wald-
wegen der Küsten und der Flußufer von Neuguinea und der angrenzenden
Inseln, um Beeren, Samen und herabgefallene Früchte dort zu suchen.
Gleichfalls ein Waldvogel ähnlicher Lebensführung ist die kleine dunkel-
grüne Straußwachtel von Sumatra, die auch durch ihren sonderbaren
Putz auffällt, der sich vom schwarzen Kopf mit seinem weißen Scheitel-
und dem kahlen Au¬
genfleck hinter den
vereinzelt stehenden,
haarartigen Gebil¬
den wie ein großer,
rostgelber Borsten¬
pinsel abhebt. Noch
mehr imponierend,
freilich auch durch
bedeutend größeren
Materialaufwand,
wirkt die Erschei¬
nung des Paradies¬
vogels aus Neugui¬
nea. Der aufdring¬
liche Schmuck, der
schildartig den zwar
samtschwarzen, doch
purpurrot, kastanien¬
braun und grünlich
schimmernden Kör¬
per ziert, und der an
der Brust prachtvoll
metallisch grün mit
einem kupferfarbe¬
nen Federsaum auf¬
blitzt, während der
riesige Mantelkragen
broncefarben glänzt,
kennzeichnet seinen Träger als eines der Wunder seiner engeren Heimat.
Die herrlichsten und zugleich seltsamsten Schmuckfedern sind ja den un-
vergleichlichen Geschöpfen eigen. So hat, um hier nur etwas anzuführen,
der Strahlenparadiesvogel oder, wie erbezeichnender auch noch genannt
wird, der Sechskieler, jederseits des Kopfes drei lange drahtförmige Feder-
kiele mit kleinen, eiförmigen Endfahnen. Der kuriose Wimpelträger leistet
das Unübertreffliche in der Umwandlung; er besitzt doppelt körperlange,
aufrichtbare Nackenfedern, deren Schäfte bläulichweiße, wie aus Zelluloid
gefertigte Hornplättchen tragen.
Ganz anders beschaffen ist der Kopfputz des indischen Fasans, der durch
die fleischigen, blaugrauen Hörner und ebensolche Anhängsel einen gewissen
mephistophelischen Zug erhält, weshalb er auch den Beinamen „der
Teufel" führt. Zur Balzzeit wird diese eigenartige Zier straff ausgerichtet
und strahlt dann im schönsten Blau, während die aufgeblasenen Kehlsäcke
ein wunderhübsches Farbenspiel von Blau zu Blutrot zeigen. Solch lappen-
artige Bildungen sind in der artenreichen Familie der Fasanen, zu denen
auch der Puter und das Haushuhn zählen, ja nicht selten. Sie decken häufig
schildförmig das ganze Antlitz und wirken durch ihr grelles Rot, Blau oder
Weiß höchst eigenartig, besonders wenn noch Helmbüsche zerschlissener oder
langgestielter, quastenförmiger Federn, wo nicht gar hübsch gebänderter
Kragen dazukommen, wie ihn der farbenprächtige Goldfasan besitzt.
Eme ungewöhnliche Erscheinung ist auch das Hornperlhuhn aus Afrika
mit seinem rot und gelb gefärbten hornigen Helme, der sich auf nacktem
Kopf erhebt und zugleich mit den roten Kehllappen dem Schmucke dient.
Dagegen hat die gelbe Scheitelplatte des glänzend schwarzblauen Bananen-
fressers, die zwar hübsch zu der samtartigen karminroten Befiederung
des Oberkopfes paßt, wobei der weiße Streif unter der nackten Augen-
gegend den Effekt noch steigert, wohl mehr den Zweck, das Kopfgefieder
vor Beschmutzung und Verkleben zu bewahren, wenn der dohlengroße

Vogel in den stark zuckerhaltigen Früchten wühlt, die seine Nahrung bilden.
Es fragt sich überhaupt, ob wirklich der doch oft so stark entwickelte Kopfputz
in allen Füllen nur dem einen Selbstzweck dient, ob nicht vielmehr auch
hier das Nützliche sich mit dem Angenehmen verbindet. Wie jeder Züchter
weiß, ist sein Auftreten keine durchaus feststehende Erscheinung. So fehlt
beispielsweise bei der Nachzucht ab und zu die Federhaube, wie sie auch um-
gekehrt sich unerwartet dort zeigt, wo die Eltern sie nicht besaßen, und zwar
besonders dann, wenn der an sich schon dünne Vogelschädel ungewöhnlich
schwach entwickelt ist. In diesem Falle wäre also jedenfalls der Zweck der
Federhaube der, Schutz vor Verletzungen zu bieten. Meist aber dienen die oft
so eigenartigen Bildungen dazu, der zwar in unserem Fall nicht schöneren,
doch besseren Ehehälfte zu gefallen und die so stürmische Umwerbung auf
dem friedlichen Gebiete des Ästhetischen zum schönsten Austrage zu bringen.
Sind auch der angeführten Beispiele im Hinblick auf die Formenmannig-
faltigkeit nur einige wenige, so können sie doch immerhin zu eigenen Beob-
achtungen anregen, denn auch die einheimische Vogelwelt ist ja nicht arm
an derartigen Typen. Es sei hier nur der Frisur des Haubensteißfußes ge-
dacht, die ganz den Eindruck zweier Hörnchen mit einem riesigen Backenbarte
macht, oder des Diadems unseres Wiedehopfes, des aufrichtbaren Schop-
fes, wie ihn der Kiebitz, die Haubenlerche und andere Vögel besitzen. Wer
sich mit solchen Stu-
dien befaßt, wird
bald mit Staunen
sehen, daß irgend-
welcher Kopfputz
auch bei unseren
Vögeln häufiger ist,
als man gewöhnlich
glaubt, wenn er auch
nicht so auffällt, wie
diehier abgebildeten
Beispiele. Die An-
lage zu derartigem
Schmuck und auch
die Muskeln, um die
Federn aufzurichten,
sind jedenfalls vor-
handen. Die Freude
an dem tieferen Ein-
dringen in die reiz-
vollen Geheimnisse
der Vogelwelt wird
sicherlich nicht aus-
bleiben und bald
auch reiche Früchte
tragen in vermehr-
ter Liebe, Hege und
Pflege für unsere ge-
fiederten Freunde.
Die Wohnungsnot der Unverheirateten
Von R. Herrmann / Mit zwei Bildern der Photothek
nter den drückenden Nachwirkungen des Krieges ist die Wohnungsnot
eine der am tiefsten eingreifenden. Nicht nur in der Großstadt, wo dieser
Mangel schon immer chronisch war, selbst in Mittel- und Kleinstädten
zählen die Wohnungsuchenden nach Hunderten, wenn nicht nach Tausen-
den. Kein Wunder, wenn man bedenkt, daß vor dem Krieg jährlich etwa
200 000 neue Wohnungen hergestellt, etwa 40 000 durch Neubauten er-
gänzt wurden, während jetzt nur ein geringer Teil der früheren Zahl er-
reicht wird. Dazu kommt, daß während der Kriegsjahre die Bautätigkeit
ganz geruht hat, daß also nachgeholt werden muß, was in dieser langen
Zeit zur Deckung des Bedarfs fehlte. Nicht nur für die heimkehrenden
Krieger, auch für die Flüchtlinge aus den abgetretenen Gebieten, die Ver-
triebenen aus besetzten Provinzen sollte Unterkunft geschaffen werden,
und der Zuzug hält noch dauernd an. Wieviel junge Eheleute müssen zu-
frieden sein, wenn sie getrennt voneinander in den Wohnungen der beiden
Eltern Aufnahme finden! In wieviel Häusern müssen die Familien zu-
sammenrücken, um zwei oder drei Zimmer an andere abzugeben ! Die Folge
ist natürlich, daß auch für ledige Leute die Mietgelegenheiten viel geringer
geworden sind.
Diese Notlage bringt jedoch — nur schroffer als früher — einen alten
Ubelstand zutage. Mangel an freundlichen, hygienisch und sittlich einwand-
freien Wohnungsgelegenheiten für junge Leute war schon vorher vor-
handen. Daß das Schlafstellennnwesen, eine der übelsten Begleiterschei-
nungen des Großstadtlebens, dringend staatlicher Aufsicht und Fürsorge
bedurfte, stand längst fest. Das sogenannte „Budenleben" des Studenten
zeigte recht bedenkliche Schattenseiten der „akademischen Freiheit" an

Gesellschaftszimmer im Berliner Ledigenheim.
 
Annotationen