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Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 61.1929

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Heft 18
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https://doi.org/10.11588/diglit.52835#0469
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Die Seeschlacht bei Lepanto / Nach einem Gemälde von G. Slingeneyer.
Auf die überseeischen Entdeckungen von Kolumbus, Vasco da Gama und Magelhaes folgte ein Jahrhundert spanischen Eroberungsdrangs, das die Weltherrschaft Spaniens
auf ihren Löhepunkt führte. Im Auftrag des Königs Philipp II. führte sein Lalbbruder Don Juan d'Auftria, der Sohn Karls V. und der Regensburger Patriziertochter
Barbara Blomberg, einen Vernichtungskamps gegen die Neste der Mauren in Spanien, und mit seiner Flotte von 250 Schiffen schlug er am 7. Oktober 1571 die vor-
dringende osmanische Macht in der erbitterten Seeschlacht bei Lepanto im Korinthischen Golf. An diesem Tag verloren die Türken 35000 Mann und 200 Schiffe.

steiler Erwiderung lagen hinter Martin Bernstoss. Erschöpft sank er in
einen Klubsessel, ließ sich den würzigen Meeresodem, der durch die weit-
geöffnete Balkontür zu ihm empordrang, um die Stirn streichen, atmete
tief und befreit auf. wozu war das alles? wem zum Nutz und zur Freude?
Etwa ihm? Er wollte ja nichts als seine Arbeit, diese ewig fiebernde
und doch so köstliche Arbeit, die dem Dasein, das er führte, Sinn und
Zweck gab und die über vieles Hinwegtrug, hinwegtäuschte, was in seinem
Inneren zehrte.
Eine Komödie ist das Leben, in der einer den andern zum Narren
hält. Er hatte seine Rolle gespielt, würde sie weiterspielen, solange noch
Mein und Kraft in ihm war.
Wie sie ihn heute gefeiert hatten! wie sie ihn als das Muster aller bürger-
lichen und staatlichen Tugenden hinstellten, als eine leuchtende Stütze der
menschlichen Gesellschaft! Es war doch eine wundervolle Vergeltung, die
Menschen, die ihn verfolgt und gelästert hatten, an der Nase herumzuführen!
Wenn sie ahnten-Und wer dann zu ihm stehen würde? wer von
allen denen, die ihn heute ihrer Bewunderung, ihrer unbegrenzten Liebe
und Verehrung versicherten?! Sie würden ihn von sich stoßen, wie sie es
einst getan hatten! keiner würde für ihn eintreten. Und hatten sie nicht
ein Recht dazu?
„Nein," spann er seine Gedanken weiter. „Sm letzten Grunde hat kein
Mensch das Recht, den andern zu richten. Venn wer streifte nicht trotz all
seiner gesellschaftlich makellosen Moral sein Leben lang nur immer so gerade
am Gefängnis vorbei?"
Was hatten sie vor ihm voraus? Daß sie die Unversuchten waren!
Sm übrigen waren sie Durchschnittsmenschen, die nach dem Schein rich-

teten und sich ihm blindlings untertan machten. Leute von enger Selbst-
sucht und kriecherischer Heuchelei, die er verachtete, wie sie ihn einmal
verachtet hatten, bis es der Laune eines Zufalls gefiel, ihn ungeahnt auf
schwindelnde höhe zu erheben.
Nur einen nahm er aus: den jungen Bieler, seines Freundes Sohn. Rn
dem war etwas. Der war kein Schmeichler und Kriecher, auch kein Durch-
schnittsmensch wie die andern. Der trug den Kopf auswärts, der hatte
Gaben, die er mit jedem Tage ihres Zusammenarbeitens deutlicher erkannt
hatte. Und gerade er-
Ein leises pochen an die große Fensterscheibe der geöffneten Balkontür
ließ ihn aus seinen Gedanken erwachen.
Er sprang auf, trat auf den Balkon und sah unter ihm die vorsichtig
geduckte Gestalt eines ältlichen, phantastisch gekleideten Mannes, der mit
einem mit allerlei bunten verschnörklungen gezierten Stock zum zweitenmal
die hohe Fensterscheibe zu berühren suchte.
„Scharma Natschiköta!"
keine Antwort. Alles blieb still. Nur das Rauschen des Meeres drang
dumpf und schwer durch die sommerliche Nachmittagstille.
Zetzt aber richtete sich die gebeugte Gestalt empor, spähte mit ängstlich
forschendem Blick umher.
„warum kommst du zu mir, Scharma Natschikota? Und gerade an diesem
Tage?"
„weil ich dich sprechen muß, Max Güldner —"
„So wende dich an Mathiessen. Oer wird dir Geld geben, soviel du brauchst."
„Ich will nicht dein Geld," erwiderte der andere mit vornehmer Gering-
schätzung. „Ich will etwas anderes."
 
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