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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Editor]; Wolff, Carl [Oth.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 1): Kirchenbauten — Frankfurt a. M., 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.25631#0138
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* 93

durch die Rlieinsche Thiire zugänglich blieb. Ihre geringe Grösse zeigt,
dass man die grosse Thiire zum südlichen Kreuzarme in der Mainzer Gasse
nunmehr als den Haupteingang zur Kirche betrachtete.

Unter dem Priorate des Romuldus von Laupach, welcher von 1474
bis 1496 währte, wurde nicht nur die Kirche erweitert und vergrössert,
an seinen Kamen knüpfen sich auch die grossen Um- und Neubauten der
Klostergebäude, die Erweiterung des klösterlichen Grundbesitzes und der
Ausbau des Kreuzganges, welcher die Zeit von etwa 1460 bis zum Beginne
des XVI. Jahrhunderts in Anspruch nahm. Da uns hier nur die eigentliche
Kirche des Klosters beschäftigen soll, so genügt ein Hinweis auf das treff-
liche, mehrerwähnte Werk Donners-von Richter, dem wir auch bei der
Geschichte der Kirche bis hierher folgen konnten; auch gehört es nicht zu
den Aufgaben der Schilderung der Karmeliter-Kirche, auf Jerg Ratgebs
weltberühmte Malereien im Kreuzgange des Klosters näher einzugehen,
welche Herr Donner für die Kunstgeschichte gewissermassen neu entdeckt
und in kunstsinnigster Weise beschrieben hat.

Zu Beginn der Reformation hatte das Kloster seine höchste Blüthe
erreicht. Der Grundbesitz hatte sich vergrössert, die Klosterräumlichkeiten
sich gemehrt, der neue Kreuzgang war künstlerisch ausgeschmückt, die
Kirche erhöht und durch angebaute Kapellen und den Kreuzgang mit
Seitenschiff vergrössert. Die reichen Geschlechterfamilien wandten ihm
ihre Stiftungen zu und wählten gern ihre letzte Ruhestätte in der Kloster-
kirche, die Brüderschaften der Elenden1), der Blinden und Lahmen, St.
Georg und St. Anna, feierten hier ihre Gottesdienste. Am 14. November
1524 nahm die Brüderschaft der Schneiderknechte, von der lutherischen
Bewegung ergriffen, ihre Ornamente und sonstigen Besitz aus der Karmeliter-
Kirche und löste sich auf* 2); zwei Tage darauf wurde hier der Gönner
des Klosters, Klaus Stalburger der Reiche, mit grossem Gepränge beigesetzt.
Diese beiden Daten bezeichnen den Wendepunkt in der Geschichte des
Klosters: das Absterben der freigebigen Stifter aus den Geschlechtern,
die Abwendung des niederen Volkes von den Mönchen.

Ueber die Geschichte der Kirche, welche von nun an das stille Dasein
einer Klosterkirche mit kleiner Gemeinde führte, ist vom XVI. Jahr-

x) Ihre Stifter waren 1479 nach den historischen Notizen über das Kloster in
Karmeliter-Büchern 48 die beiden Rechtsgelehrten Johann G-elthus und Ludwig zum
Paradies. 1502 hielt sich auch noch die später nach St. Leonhard, gehörige Brüder-
schaft St. Nicolaus der Schiffer zu den Karmelitern, in deren Chor sie 1433 gleich-
zeitig mit der der Schneider und der Weinausrufer gegründet worden war.

2) Nach einer Notiz in Karmeliter-Büchern 24 S. 20 übergab im selben Jahre die
Brüderschaft der Armen unter dem Schutze der heiligen Barbara dem Konvent aus Furcht
vor dem lutherisch gesinnten Rathe der Stadt ihr Inventar, dessen Werth man auf
140 Gulden schätzte. Den Austritt der Schneiderknechte erwähnt nur Königsteins
Tagebuch in Quellen zur Frankfurter Geschichte II, 81; die Klosterchronik in Karmeliter-
Büchern 48 gedenkt nur der Schenkung der Armenbrüderschaft.
 
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