Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 1): Kirchenbauten — Frankfurt a. M., 1896

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25631#0182
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
= 125

Rath liess sich darauf vom Stifte Riss und Visierung einreichen und die-
selben durch Verorclnete und Werkmeister prüfen und erklärte sich bereit,
den Ankauf von Radeheim -und den Bau zu gestatten, falls das Stift sich
bereit erkläre, eine ihm in der Stadt zustehende ewige Gülte ablösen zu
lassen. Das Stift weigerte sich und der Rath versagte die erbetene Er-
laubniss. Erst sechs Jahre später kam das Stift in den ersehnten Besitz
des Hauses. Elisabeth von Heringen, deren /Gatte Stadtschultheiss Dr.
Ludwig zum Paradies im Jahre 1502 gestorben und in der Liebfrauen-
Kirche beigesetzt worden war, erkaufte das Haus Radeheim um 520.
Gulden von Henne Stralenberg und schenkte es mit Urkunde vom
23. Oktober 1503 und unter Zustimmung des Rathes dem Liebfrauen-
Stifte zum Abbruche und zur Vergrösserung des Chors der Kirche, Es
zeugt von dem Interesse des Rathes und wohl auch von seiner werk-
thätigen Beihülfe, dass er den Baumeistern der Stiftsfabrik noch vier
weitere Baumeister aus seiner Mitte beigesellte zur Aufsicht über den
Bau und die richtige Verwendung des Erträgnisses von einem eigens
dazu aufgestellten Kirchenstocke. Aber erst 1506 konnte der Bau be-
gonnen werden, nachdem unter dem 2. Januar dieses Jahres der Vikar
des Erzbischofs von Mainz dem Stifte gestattet hatte, den Chor seiner
Kirche niederzulegen und neu zu erbauen, sowie die Altäre nach Noth-
clurft zu versetzen; die Erlaubniss war an die Bedingung geknüpft, dass
eine Unterbrechung des Gottesdienstes nicht stattfände und dass die
Gebeine auf dem Kirchhofe, welche beim Bau ausgegraben werden müssten,
anderweitig beigesetzt werden. Mit der Erweiterung des Chores ging
auch der Bau einer neuen Sakristei Hand in Hand; im Juli 1507 gestattete
der Rath dem Stifte, für diese Sakristei in die Stadtmauer einen Pfeiler
von Quadersteinen und je drei Fenster zu beiden Seiten einzubauen; die
Fenster mussten mit Eisen vergremst, der- Gang auf der Stadtmauer
durfte durch diese Veränderungen nicht versperrt werden. Zu diesen
Bauten erfreute sich das Stift reicher Beisteuern seitens des Rathes und
aus der Gemeinde; es hat selbst bald nach Beendigung seines Baues dem
Rathe gegenüber anerkannt, Stadt und Gemeinde hätten sich beim Baue
des Chores, der Sakristei und des Gestühles sehr willfährig erwiesen.
Von privaten Beiträgen waren die bedeutendsten die der frommen Dame
Katharina Frosch, der Wittwe Gilbrechts von Holzhausen, derselben, welche
1521 Luther, als er sich auf dem Wege nach Worms in Frankfurt auf-
hielt, als den verlieissenen Reformator der Kirche begrüsst haben soll;
ein Stiftschronist sagt von ihr, sie habe zum Baue des neuen Chores „un-
zähliges Geld“ aufgewendet. Die Stifterin wurde dafür mit mehreren
ihrer Verwandten in die Brüderschaft des Stiftes aufgenommen, auch ihr
und ihres Gatten Wappenschild im Chore angebracht. Auch die Nachlass-
verwalter Jeckeis zu Schwanau scheinen reiche Beisteuern geliefert zu
haben, da in den Fenstern des Chores zehnmal Jeckeis Wappen wieder-
kehrte. Der neue Chor wurde am 15. August 1509, dem Tage Mariä
 
Annotationen