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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Editor]; Wolff, Carl [Oth.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 1): Kirchenbauten — Frankfurt a. M., 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.25631#0288
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209

Ueber die früher in der Kirche vorhanden gewesenen Wand- innerer Ausbau,
malereien hat Meckel bei Gelegenheit der letzten Wiederherstellung ein-
gehende Studien gemacht. l) Er kam zu dem Ergebnis®, dass, wie die
damals vorhandenen Spuren zeigten, die neugebaute Kirche im ersten
Viertel des XIV. Jahrhunderts im Innern mit einem hellrothen Ton
bemalt und mit weissen Linien gequadert wurde. Die Quaderung ging
gleichmässig über Wände und Gewölbeflächen.

Ueber dieser Malerei fänden sich die Spuren einer zweiten Aus-
malung, welche Meckel in das Ende des XIV. Jahrhunderts oder den
Anfang des XV. Jahrhunderts setzt. Sie war mit dem hellrothen Wand-
ton, dunkleren Rippen, Diensten, Maasswerken u. s. w., den weissen Fugen-
linien, weissgestrichenen Gewölbekappen, dem grünblauen Chorgewölbe,
kurz in allen Theilen das Vorbild für die Malerei, wie sie durch Meckel
wiederhergestellt wurde und unten näher beschrieben ist.

Die Spuren einer dritten späteren Malweise aus dem Ende des XV.
oder Anfang des XVI. Jahrhunderts deuteten auf einen grauen Wandton,
rothe Quader an den Fenstern, Pfeilern, Gewölberippen und spät-
gothisch.es Rankenwerk an den Schlusssteinen, Gewölbezwickeln und als
Begleitlinien der Rippen.

Ferner fanden sich die Ueberreste bildlicher Darstellungen der Passions-
geschichte in den Nischen auf der Nordseite des Schiffes.2) Diejenigen
im westlichen Joche waren stark zerstört, verkältnissmässig gut erhalten
dagegen die Bilder in der dritten Nische (von Westen gerechnet). Hier
ist auf der westlichen Seitenfläche des nach innen gezogenen nördlichen
Strebepfeilers ein Cyclus von 12 Bildern in vier Reihen über einander
dargestellt (vgl. Fig. 226). Sie sind durch gelbe Streifen getheilt, welche
in der obersten Reihe in Spitzbogen, Wimpergen, Maasswerk und Fialen
endigen. Rechts und links, in der Hohlkehle des Strebepfeilers und in der
Rückwand der Nische ist die Theilung soweit fortgeführt, dass noch
einzelne Heiligenfiguren, oben musizierende Engel angebracht werden
konnten. Die Bilder haben eine Höhe von 46 cm. Oben sehen wir im
spitzbogigen Mittelfeld die Mutter Gottes mit dem Christuskinde, welches
in der Rechten ein Vöglein hält und mit der Linken nach einer Blume
greift, links den Stifter des Bildwerks knieend aus der Ritterfamilie von
Praunheim mit einer Heiligen, in welcher Grotefend und Donner-von Richter
die heilige Elisabeth erkennen wollen, rechts die Gemahlin des Stifters
aus dem Geschleckte der Herclan mit der heiligen Katharina. In der
zweiten Reihe erblicken wir den Judaskuss, Christus vor Pilatus und die
Geisselung, in der dritten die Kreuztragung, den gekreuzigten Christus

9 Nach Mittheilungen des Erzbischöflichen Baudirektors Herrn Meckel in
Freiburg i. Br.

2) Vgl. Donner-von Richters oben erwähnte Arbeit. Hier berichtet Donner auch
über die Anstriche der Wände und Gewölbe in einer von Meckel etwas abweichen-
den Darstellung.
 
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