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Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 2): Weltliche Bauten — Frankfurt a. M., 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.25632#0248
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197 .

Themis mit Schwert und Wage und vor ihr die Wachsamkeit mit dem
Hirten-Schaufelstab schliessen sich der Göttin zur Rechten an und
zu ihrer Linken sieht Ohronos als Zeitengott aus den Wolken hervor.
Vor ihm sitzt zurückgelehnt mit erhobener Feder in der Rechten und
aufgeschlagenem Buche in der Linken die Geschichte, bereit die Thaten
des Kaisers einzuzeichnen. Unter ihr tritt Minerva behelmt, den Speer
in der Linken, auf römischem Wagen eilig heran und weist mit der
Rechten auf das Frankfurter Wappenschild, das ein Putto trägt, während
ein zweites gleichfahs die Hand daran legt, mit der Linken aber ein
offenes Buch emporhält, in welchem die Worte zu lesen sind „Caesar
et imperium" (Kaiser und Reich), also ein Hinweis darauf, dass Frankfurt
unter Minervas weiser Leitung stets für Kaiser und Reich eingetreten ist,
worauf noch ein Altar in den Wolken hindeutet, dessen Opferflammen Putten
aus den Wolken blasend anfachen. Zu Minervas Füssen, nahe der Mitte
der Basis des Bildes, sitzt die behelmte Figur der Stärke mit erhobenem
Schwert in der Rechten, neben ihr ein Löwe, den ein Putto am Bande hält.
Die ganze jenseitige untere Bildhälfte ist von der gestreckt liegenden,
behelmten, fast ganz unbekleideten Figur der Austria ausgefüllt, die sich
mit der Linken auf einen grossen Schild mit dem Doppeladler stützt.
Hinter diesem ragt eine grosse entfaltete Fahne in die Wolken hinein und
ein Lorbeerast, an welchen eine Tuba angebunden ist. Zu ihrer Rechten
sehen wir eine Gruppe von Putten, welche in Wappenschilden den
habsburgischen rothen und den böhmischen silbernen Löwen und die
silbernen ungarischen Balken auf rothem Felde tragen, ferner zu ihren
Füssen ein Putto, welcher eine Schelle bewegt. Ueber der ganzen Austria-
Gruppe schwebt in der Mitte der Schmalseite Merkur auf Wolken in das
Bild hinein, ein bewimpeltes Schiff in der Rechten tragend und in Unter-
haltung mit einem Flussgotte begriffen, der schilfbekränzt mit dem Ruder
in der Linken auf einer Waarenkiste sitzt, beide als weiter in der Tiefe
des Bildes befindliche Figuren behandelt und ohne Zweifel als eine
weitere Anspielung auf die Mainstadt zu betrachten, wobei man sich aller-
dings kaum eines bedenklichen Kopfschütteins darüber enthalten kann,
wie wohl der Vater Main auf seiner Kiste so hoch hinauf in die Wolken
gerathen sei!
Wir sehen aus dieser Schilderung, dass jene Allegorien in ihrem
Gedankengange eine mässige Grenze des Aufschwunges nicht übersteigen,
indessen auch geschmacklose Ausschreitungen vermeiden, und dies kann
mit gleichem Recht auch von der Ausführung gesagt werden. Es tritt
in dem Bilde das Bestreben des Künstlers hervor, seine Figuren sorgfältig
zu zeichnen und malerisch durchzubilden; ja, bei einzelnen derselben, z. B.
der Austria mit ihren Putten, ist die Behandlung der nackten Theile ganz
vortrefflich in Farbton und Modellierung und zeigt eine Sicherheit des
Könnens, die bei einem jungen Manne von 26 Jahren überraschend ist.
So ist auch die Totalwirkung des Bildes in ihrer Farbenanordnung eine
 
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