Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Architekten- und Ingenieur-Verein <Frankfurt, Main> [Hrsg.]; Wolff, Carl [Bearb.]
Die Baudenkmäler in Frankfurt am Main (Band 3): Privatbauten — Frankfurt a. M., 1914

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.25633#0139
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
' 100 '

47 qm zwei Häuser aufnehmen musste, mag auf einen damaligen
bedeutenden Werth des Grund und Bodens an dieser Stelle liinweisen.
Vom Römerberge aus gesehen, bietet das Gebäude durch seine beträcht-
liche Höhe und bescheidene Breite ein thurmartiges Aussehen, welches,
bei nur mässigem Ueberhängen des obersten Stockwerkes, durch den
schlank aufsteigenden Rachen Erker mit dem abschliessenden achteckigen
Aussichtsthürmchen auf dem Dache verstärkt wird (Fig. 84). Die Aussenseite
ist hier, ob bewusst oder unbewusst bleibe dahingestellt, trotz aller
Einfachheit vortrefflich der Oertlichkeit angepasst, denn die ganze Ecke
wirkt gleichsam wie ein Thorpfeiler des nordöstlichen Einganges in den
Römerberg, den nach allen Seiten architektonisch abgeschlossenen, natür-
lichen Festsaal der alten Reichsstadt.
Der frühere Zustand des Grossen Engels vor dem Umbaue im Jahre
1562 ist auf dem Belagerungsplane mit genügender Deutlichkeit erhalten;
das niedrige Zwischengeschoss über dem Erdgeschosse ist schon vorhanden,
dagegen der Dachgiebel dem Römerberge zugekehrt und diese Seite noch
ohne Erker. Merians Plan zeigt den heutigen Zustand; vom Kleinen
Engel ist auf beiden Plänen nichts zu erkennen. Auf Ansichten des
Römerberges in den Krönungsdiarien ist das Haus mehrfach abgebildet
worden, jedoch nur weniges davon ist brauchbar. Eine Radierung im
Diarium des Kaisers Matthias (1612) ist roh und sehr ungenau. Die beste
Abbildung Rndet sich im Diarium Leopolds I. (1658). Auf einer Radierung,
bezeichnet von Johann Andreas Graff und Jakob MarrelJ) ist ein grosser
Reichsdoppeladler dargestellt, in der Mitte mit dem Bildnisse Leopolds,
umgeben von denjenigen der sieben Kurfürsten, unten eine ausgezeichnete
Abbildung des Römerbergs nach dem Fahrthor gesehen und am linken
Bildrande der Grosse Engel noch ganz in Fachwerk ohne Verscliieferung;
von Einzelheiten sind die als Kielbogen geschnitzten Fensterstürze
erkennbar. Im Diarium Karls VI. (1711) ist die Wiedergabe sehr schlecht;
im Diarium Karls VII. (1742) sehen wir auf Blatt 18 das Haus nach
einer Zeichnung des Architekten J. G. Fünk in guter Darstellung: hier ist
die Vorderseite schon verschiefert; auf Blatt 18 dagegen, ebenfalls von Fünk,
ist die Seite am Markte noch ganz in Fachwerk sichtbar. Eine ungenaue
Zeichnung von Fünk enthält das Diarium Franz I. (1745) auf Blatt 6.
Die Abbildung im Diarium Leopolds II. (1790) ist wiederum unbrauchbar.
Beide Häuser haben durchaus gleiche Stockwerkshöhen. Das Erd-
geschoss und das darüber liegende Zwischengeschoss, massiv aus rothem

*) Näheres über GraR^ die Bezeichnung und die Schicksale der Platte (88 cm br.
und 45 cm h.), welche späterhin zerschnitten wurde, so dass der Römerberg-Prospekt
ein besonderes Bild gab, Rndet sich hei Hüsgen, Nachrichten von Frankfurter
Künstlern und Kunst-Sachen S. 111; derselbe, Artistisches Magazin S. 261 u. 456;
Gwinner, Kunst und Künstler S. 175; Andresen, Der Deutsche Peintre GraveurS. 209.
Für den Nachweis des letzten Werkes sind wir Herrn Professor Dr. H. Weizsäcker
zu Dank verpRichtet.
 
Annotationen