I. Kirchliche Gebäude.
A. Stiftskirchen.
133
Marta . vocor . rite voco . sic . ad . scä . veite
Acl. se . p . martä . xv’öt. ire . maiä . anno . dni.
md cccc lxxv.
Martha,
Ob man die vorletzte Sigle des ersten Verses in „sacra“ oder „sancta“ auf-
lösen wolle, bleibt ziemlich gleichgültig. Grössere Schwierigkeit macht die Ab-
breviatur „xv’öt“ im zweiten Verse. Deren Erklärung durch „revocat“ stehen
grammatikalische und prosodische Bedenken entgegen, doch bietet sich auch kaum
eine andere ganz befriedigende dar, so dass man sich fast zu der Annahme
eines beim Guss vorgekommenen Versehens genöthigt sieht. 1 * * * * * * * *
Die Schrift ist nicht mit besonderer technischer Sorgfalt behandelt; mehrere
Buchstaben haben eine schiefe Lage, auch macht sich eine nicht ganz correkte
Linienführung sichtbar. Die Grösse der Minuskelschrift beträgt durchschnittlich
213/ie" rh. (Tettau 1. c. S. 17. 18).
Die Vincentia oder, wie sie wegen ihres lauten und beinahe ebensoweit
wie der der grossen Domglocke schallenden Tones im Volksmunde heisst, „der
Schreier“ wurde, wie schon früher angeführt, zugleich mit jener am nächsten
Tage nach U. L. Frauentag Würzweih (16. August) 1497 von Gerhard Wou von
Kämpen gegossen und bildete mit der Gloriosa und der gleichzeitig für den Dom
gegossenen Osanna einen Accord, wobei die Vincentia das h (sol) angab (Gleitz,
Geschichtl. über die grosse Glocke S. 16).
Diese hat im Durchmesser unten 5' 2" 9"', oben 2' 7" 4"'. Die Stärke
des Schlagstücks beträgt 4" 5'", die Höhe 4' 3", der Umfang 16' 6", die Dicke 8",
ihr Gewicht 65 Ctnr. In der Metallmischung (20% Zinn und 80% Kupfer), der
Form und den Massverhältnissen kommt sie vollkommen mit der Gloriosa über-
ein. Ihre in Bandform über den Unterrand laufende Inschrift lautet:
Vincencia severiani collegii patrona vince nostram acidiam et omnia
Christi tui populo perniciosa, opus gerhardi wou campensis. anno domini
MCCCCXCVII.
Die Glocke zeigt auf zwei entgegengesetzten Seiten das Bildniss der h. Jung-
frau. Ihre Umschrift ist mit derselben, durchschnittlich W/m“ rhl- grossen Type
gefertigt wie die der Gloriosa; auch die unter und über jener angebrachten Ver-
zierungen zeigen, wenn auch in kleinerem Massstabe, dasselbe Muster. Das Bild
der Himmelskönigin ist aber auf den beiden Glocken ganz das nämliche.
Die beiden kleineren Glocken, sog. Silberglocken, müssen nach dem oben
angeführten Berichte des K. Stolle gleichfalls aus der Werkstätte des Meisters
1 Boxberger (1. c. S. 224) glaubt, dass die Abbreviatur x, obgleich dieselben von dem
folgenden gleichfalls abgekürzten Worte „vocat“ nicht durch einen Punkt getrennt sei. durch
„Christus" erklärt werden müsse. Er will die Umschrift daher lesen:
Marta vocor. rite voco, sic ad sancta venite
Ad se per Martam Cristus vocat ire Mariam
und deutet sie dahin, dass Christus durch Marta die Maiia einlade zu ihm zu kommen. Er
glaubt hierin eine Hindeutung auf die beiden durch Meister Claus 1474 und 1475 für die
Severkirche gegossenen Glocken, sowie auf die Erzählung im Evangelium des Lucas Kap. 10
V. 38—42 zu finden.
A. Stiftskirchen.
133
Marta . vocor . rite voco . sic . ad . scä . veite
Acl. se . p . martä . xv’öt. ire . maiä . anno . dni.
md cccc lxxv.
Martha,
Ob man die vorletzte Sigle des ersten Verses in „sacra“ oder „sancta“ auf-
lösen wolle, bleibt ziemlich gleichgültig. Grössere Schwierigkeit macht die Ab-
breviatur „xv’öt“ im zweiten Verse. Deren Erklärung durch „revocat“ stehen
grammatikalische und prosodische Bedenken entgegen, doch bietet sich auch kaum
eine andere ganz befriedigende dar, so dass man sich fast zu der Annahme
eines beim Guss vorgekommenen Versehens genöthigt sieht. 1 * * * * * * * *
Die Schrift ist nicht mit besonderer technischer Sorgfalt behandelt; mehrere
Buchstaben haben eine schiefe Lage, auch macht sich eine nicht ganz correkte
Linienführung sichtbar. Die Grösse der Minuskelschrift beträgt durchschnittlich
213/ie" rh. (Tettau 1. c. S. 17. 18).
Die Vincentia oder, wie sie wegen ihres lauten und beinahe ebensoweit
wie der der grossen Domglocke schallenden Tones im Volksmunde heisst, „der
Schreier“ wurde, wie schon früher angeführt, zugleich mit jener am nächsten
Tage nach U. L. Frauentag Würzweih (16. August) 1497 von Gerhard Wou von
Kämpen gegossen und bildete mit der Gloriosa und der gleichzeitig für den Dom
gegossenen Osanna einen Accord, wobei die Vincentia das h (sol) angab (Gleitz,
Geschichtl. über die grosse Glocke S. 16).
Diese hat im Durchmesser unten 5' 2" 9"', oben 2' 7" 4"'. Die Stärke
des Schlagstücks beträgt 4" 5'", die Höhe 4' 3", der Umfang 16' 6", die Dicke 8",
ihr Gewicht 65 Ctnr. In der Metallmischung (20% Zinn und 80% Kupfer), der
Form und den Massverhältnissen kommt sie vollkommen mit der Gloriosa über-
ein. Ihre in Bandform über den Unterrand laufende Inschrift lautet:
Vincencia severiani collegii patrona vince nostram acidiam et omnia
Christi tui populo perniciosa, opus gerhardi wou campensis. anno domini
MCCCCXCVII.
Die Glocke zeigt auf zwei entgegengesetzten Seiten das Bildniss der h. Jung-
frau. Ihre Umschrift ist mit derselben, durchschnittlich W/m“ rhl- grossen Type
gefertigt wie die der Gloriosa; auch die unter und über jener angebrachten Ver-
zierungen zeigen, wenn auch in kleinerem Massstabe, dasselbe Muster. Das Bild
der Himmelskönigin ist aber auf den beiden Glocken ganz das nämliche.
Die beiden kleineren Glocken, sog. Silberglocken, müssen nach dem oben
angeführten Berichte des K. Stolle gleichfalls aus der Werkstätte des Meisters
1 Boxberger (1. c. S. 224) glaubt, dass die Abbreviatur x, obgleich dieselben von dem
folgenden gleichfalls abgekürzten Worte „vocat“ nicht durch einen Punkt getrennt sei. durch
„Christus" erklärt werden müsse. Er will die Umschrift daher lesen:
Marta vocor. rite voco, sic ad sancta venite
Ad se per Martam Cristus vocat ire Mariam
und deutet sie dahin, dass Christus durch Marta die Maiia einlade zu ihm zu kommen. Er
glaubt hierin eine Hindeutung auf die beiden durch Meister Claus 1474 und 1475 für die
Severkirche gegossenen Glocken, sowie auf die Erzählung im Evangelium des Lucas Kap. 10
V. 38—42 zu finden.