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Größler, Hermann [Hrsg.]
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 18): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Mansfelder Gebirgskreises — Halle a. d. S., 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.25512#0073
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Ahlsdorf.

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Ortskirche dem Schutzheiligen des Erzbistums Mainz, dem h. Martin, geweiht
ist, was auf eine frühe Zeit ihrer Gründung schliessen lässt. Das jetzige Kirchen-
gebäude selbst spricht freilich nicht für ein höheres Alter des Dorfes, denn das-
selbe ist nach einer Mitteilung des früheren Pfarrers von Ahlsdorf, Herrn Pastor
Tauer in Domnitz, erst im Jahre 1546 unter Beihilfe der Gutsherrschatt, eines
Herrn von Draxdorf, vollendet und für den evangelischen Gebrauch eingeweihf
worden, nachdem die Gemeinde, wie das Kirchenbuch ausweist, bereits 1540 zum
evangelischen Bekenntnisse übergetreten war und in der Person des Pastors Johann
Sylvius aus Westfalen ihren ersten evangelischen Seelsorger erhalten hatte. Noch
im vorigen Jahrhundert soll eine auf die Einweihung bezügliche Inschrift auf der
Wand oben am Altäre deutlich zu lesen gewesen sein. Die ältere und vermutlich
erheblich kleinere Dorfkirche muss nördlich von dem Dorfe in der Gegend, welche
noch jetzt der alte Gottesacker heisst, gelegen haben. Schon sie besass ver-
mutlich das jetzige Neuberholz, welches früher Martinsholz hiess und der
Ahlsdorfer Kirche gehörte. Die Herzoge von Sachsen beanspruchten 1484 Ahls-
dorf und die übrigen Grunddörfer als zu ihrem Schlosse Sangerhausen gehörig,
aber die Grafen von Mansfeld vermochten „aus alten Briefen" den Ungrund dieser
Behauptung zu beweisen und behielten Ahlsdorf. Diese Beweisführung deutet
also doch auf" ein beträchtlich höheres Alter des Dorfes, als die jetzt erhaltenen
Urkunden ergeben. Im Jahre 1626 brach die Pest im Dorfe aus und wütete so
arg, dass manchen Tag 11 Personen starben. Auch der Pfarrer Jeremias Caleb
wurde von ibr hingerafft. Auch unter dessen Nachfolger Wolfgang Kluge dauerte
das Sterben noch mehrere Jahre fort, sodass die Bevölkerung ausserordentlich
zusammenschmolz. 1 6 4 6 jedoch wurde das ganze Dorf von streifenden Scharen
so völlig zerstört, dass niemand mehr im Dorfe wohnen konnte und auch der
Pfarrer Kluge flüchten musste. Nach mündlicher Ueberlieferung waren alle
Häuser teils zerstört, teils ausgestorben, bis auf eins, welches
an der äussersten nördlichen Grenze lag, im Jahre 1846 dem Fahrsteiger Thurm
gehörig. Dies war mit allen seinen Bewohnern von der Wut der Pest und des
Krieges verschont geblieben. Dem flüchtenden Pfarrer Kluge versprach diese
einzig übriggebliebene Familie, falls er bleibe und eintretenden Falls für ihre
christliche Beerdigung Sorge trage, ihr ganzes Besitztum; aber er blieb nicht
und kehrte erst 1648 nach Ahlsdorf zurück und mit ihm wohl der Rest der
früheren Bewohner.
Das jetzige Kirchengebäude, dessen Turm anscheinend älter ist, stammt,
wie schon bemerkt, aus dem 16. Jahrhundert, ist aber laut einer Inschrift über
der Thür des Turmes im Jahre 1852 völlig renoviert worden. Bei dieser Gelegen-
heit wird die Vorhalle beseitigt worden sein, welche nach einem Bericht des
Predigers Grosche^) von einem Schäfer aus Dankbarkeit für einen bei dem wüsten
Dorfe Dippelsdorf gefundenen Schatz erbaut worden war, wie denn an der
Kirchthür gestanden haben soll:
Peter Krüger, Huthmann in Alsdorf, 1619A)
i) Rosenkranz, Neue Zeitsehr. I, 2, 15. — 2) Die darauf bezügiiche Sage „Der
Schäfer aus Ahlsdorf und die Blume im Tippeisdorfe" findet sich in Grösster, Sagen der
Grafschaft Mansfeld etc., Nr 20.
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