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Rave, Wilhelm [Editor]; Nordhoff, Josef B. [Oth.]; Ludorff, Albert [Oth.]
Die Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen (Band 2): Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Kreises Warendorf — Münster, 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.24358#0015
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DIE WEGE UND FUNDE.

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weiteren Verlaufe und zu landesgeschichtlicher
Bedeutung. Zudem bildete der Emsstrom,
welcher die Fläche fast wie im Durchmesser
schneidet, langehin im Verkehre ein Schwer-
gewicht sowohl vermittelst der Schifffahrt als
der Uferwege.

Nicht die zahllosen Nebenwege und Seiten-
pfade, sondern nur die älteren und die haupt-
sächlicheren Linien kommen für uns in Betracht;
diese gehen hei ihren weiten Zielen nach aussen
mehrfach den Dörfern und Ortschaften des
Kreises vorbei — ein deutliches Zeichen, dass
letztere jüngeren, jene älteren Ursprungs sind.
Dass sie sich meistens zu Warendorf schneiden,
spricht für die bedeutsame Lage, welche diesem
Punkte von jeher einem weiten Umkreise gegen-
über zukam. Ihn begrenzt auch im Süden ein
nutzbares Ackergefilde, im Norden der Ems-
fluss mit seinen Wiesengründen, auf ihn zeigen
die Schluchten des Osning im Norden und Osten,
und demgemäss mancherlei Wegesrichtungen aus
dem Süden und Westen.

Schmal an den Ausgangs- und Endpunkten,
oder in den Wasserfurten, oder auf den Land-
engen der Moore breiteten sich die älteren
Linien, Bille an Kille oder Kille durch Kille, in
den Marken- und Heideflächen ungehindert, man
möchte sagen behaglich weit aus, bis in der
Neuzeit der steigende Bodenwerth, die Theilung
der Marken und der Bau von Kunststrassen
Anlass gaben, sie zu verengen, zu beschneiden
oder ganze Strecken als unnütze Stücke mit
dem Karste oder Pfluge zu tilgen. Vollends
grünten oder vergingen die Strecken, welche die
Ortschaften nicht berührten, als die jüngeren
und namentlich die Steinstrassen andere Rich-
tungen einschlugen oder zugleich eine Ver-
bindung der Nachbarorte bezweckten. Kein
Wunder also, wenn wir alte Linien gewahren,
welche sich heute gänzlich verloren oder für den
Verkehr nur mehr eine örtliche Geltung haben.

Uebersehen wir das Gesammtnetz, so zer-
fällt es in römische und in heimische Züge
überhaupt. Die letzteren liegen stellen- und
streckenweise, namentlich in den Heide- und
Markenflächen, frei; wo sie dagegen Acker-
,Kämpe1, Culturboden und Höfe streifen, sind
sie massenhaft von Dämmen verstärkt, nur

liegen sie nicht, wie die römischen Linien,
auf, sondern zwischen denselben. Die meist
mit Holz bestandenen oder von Gräben be-
gleiteten Seitendämme haben einen doppelten
Zweck: entweder sollen sie als Schutzwehren
nach aussen gegen Wasserandrang, gegen räu-
berische Anfälle von Thieren und Menschen
wirken, oder dem Transport von Waaren und
Vieh, damit er den Zollstätten nicht entschlüpfe,
steuern, oder sie sind bloss als Einfriedungen
der anstossenden Ländereien, Weidegründe und
Markenflächen, also wie eine Schutzwehr gegen
den Strassen verkehr entstanden. Das Münster-
land, diese Heimat der Wallhecken und künst-
lichen Umgrenzungen, besass von Gemeinde zu
Gemeinde, von Bauerschaft zu Bauerschaft, oft
von Hof zu Hof dergleichen Wege wälle, d. h.
im Ganzen eine Unzahl; mag anderwärts das
Planieren den Boden mehr und mehr glätten,
hier häufen sich noch geradezu die kleineren
und grösseren Parzellen mit Einschlüssen.

1. Die Hauptstrassen ziehen im Grossen
und Ganzen von Osten nach Westen oder von
Süden nach Norden. Zu den letzteren zählen
zwei Linien in der Gemeinde Ostbevern, dem
westlichsten Kreisgebiete. Die eine führt über
Ostbevern, die andere über Rengering, früher
deutlich die Arme einer Hauptstrasse, welche
sich ausserhalb des Kreises im Norden zu
Glandorf, im Süden zu Telgte wieder vereinten.
Sie berühren nur Hof-, Burg-, Kirch- und
Klosterstätten, und zu Ostbevern münden Wege
von Lengerich, Ladbergen sowie östlich von Ren-
gering ein.

2. Von Sendenhorst geht ein Weg gen
Norden zunächst auf das Dorf Everswinkel und
theilt sich hier in einen nordwestlichen Arm
auf Telgte und in einen nördlichen auf die
südliche Uferstrasse der Ems. Seitenfunde,
welche Alter und Gebrauch kennzeichnen
könnten, fehlen.

3. Offenbar durch spätere Strassenbildungen
in ihrem Laufe und in ihrer Benutzung ver-
dunkelt erscheint jene alte Heerstrasse, welche
in der Gemeinde Beelen allerhand Linien von
Süden aufnimmt und dann in nordöstlicher
Richtung durch die Matmarheide über die Ems
führt und darauf in verschiedene Linien nach
 
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