DIE BILDCYCLEX.
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grammen im Norden und Süden 1718, restaurirt
1731 und bei einer solchen Gelegenheit auch die
Namen der Heiligen eingegraben. Beiden
Cyklen gemein sind die Zeit, die Stilweise, der
Zusammenhang des Inhalts und daher auch die
Behandlung der Beliefs. Zusammengesetzt aus
drei bis vier Steintafeln bilden sie Vierecke von
2,36m Höhe und 1,90m Breite und zerfallen
horizontal wie vertical jedesmal in drei wie-
derum viereckige Bildnischen mit höchst deco-
rativer Umrahmung; nur tritt im südlichen
Cyclus an Stelle der mittleren Horizontalreihe
eine figurenreiche Darstellung des Messopfers.
Der decorative Besatz der einzelnen Felder
zeugt von den reichsten und wildesten Formen
der Spätgotliik, das Bildliche von so malerischem
und zugleich realistischem Gepräge, dass man
auf den Gewändern oft die Webemuster und
die ihnen nachgebildeten Heiligenfiguren gewahrt;
die Gewänder werfen sich knitterig, in den Fal-
ten brüchig, und die Figuren haften oft nur theil-
weise mehr am Hintergründe. Ausserdem deuten
die Costüme zumal der Frauen und Krieger,
die Stilweise, die Muscheln der Renaissance,
auf eine Entstehung um die Zeit der Brandjahre
1550 oder 1568.
Im Uebrigen zeichnen sich die Bildwerke
durch eine geschickte Raumvertlieiiung, durch
gedrungene Gestalten, durch eine würdige und
sprechende Haltung, durch eine ergreifende
Lebenswahrheit in den Antlitzen und selbst die
bildeinwärts gewandten Gesichter durch eine
ehrliche und sorgliche Durchführung aus.
Die Erklärung fliesst aus den genannten
Unterschriften und die mittlere Darstellung
sticht beiderseits als die vornehmste hervor,
welcher sich die andern wie örtlich so auch
inhaltlich neben- und unterordnen. Im nörd-
lichen Cyclus sind es vor einem von einem
Engel gehaltenen Behänge die Bilder der h.
Maria und Elisabeth und zu deren Füssen ihre
beiden Kleinen, darüber die Taufe des Herrn,
der zwischen Johannes und dem Engel steht,
darunter die Enthauptung des h. Johannes —
in der linken Reihe von oben nach unten die
Päpste Gregor II. und Agatlio, dann die Erz-
bischöfe Anselm und Udephons, darunter Ernest,
Christoph und in Mönchstracht Simon mit einem
Krieger zu Füssen, in der Reihe rechts oben die
beiden Märtyrer Dionysius — in seinen Händen
ein infulirtes Haupt — und Stephanus, dar-
unter Laurentius und Calixtus, und unten wie-
derum drei Heilige: Victor mit Pfeilen, Georg
über dem Drachen, und Fortunatus mit Fahne
und Gorgoschild.
Im südlichen Cyclus behauptet die Messe
des Papstes Gregor den vornehmsten Platz,
nämlich die ganze mittlere Horizontalzone, also
drei Bildfelder. Der Celebrant steht vor dem
mit Kerzen besetzten und mit Behängen ab-
gegrenzten Altar, hinter ihm knieen die Casel
mit einer Hand ergreifend zwei Leviten — alle
im schönsten Ornate mit Stickereien. Daneben
zur Rechten und Linken gruppiren sich stehend
oder vor Pulten knieend Mönche und Bischöfe,
von welchen die beiden nächsten der eine den
Stab, der andere die Tiara hält. Hinter jenen
der linken Seite bleibt noch Raum für die aus
den Flammen als Nackte gen Himmel flehen-
den Seelen; von oben herab schweben Trost
und Hülfe bringende Engel, und ein Seelchen
wird bereits emporgeführt. Der Papst blickt
' aufwärts und hoch über ihm, im obersten Hori-
zontalstreifen, steht bloss im Lendentuche der
siegreiche Erlöser vor dem Kreuze in einer
Strahlenglorie auf einem viereckigen Schemel.
Neben ihm zu Füssen erscheinen in grossen
Brustbildern Maria betend und Johannes die
Hände zusammengelegt und das Auge empor-
gerichtet, an den Seiten und oben die Leidens-
werkzeuge und mit beschämten Antlitzen die
Juden und ihre Helfershelfer. — Die beiden
übrigen Felder oben rechts und links füllen zu
zweien gestellt Augustinus und Ambrosius —
Gregorius und Hieronymus, der letztere mit
j langem Gewände, Cardinaishut, Buche und
Löwen, die andern mit ihren Ornaten und Ab-
zeichen. — In den drei untern Feldern folgen
einander von links nach rechts Bischof Valen-
tinus (von Terracina), den Knaben erweckend,
Bischof Benno und der Abt Gallus, — dann
Benedict mit den Ordensregeln zwischen zwei
Mönchen und zwei Nonnen, von welchen die
vordem knieen — und endlich die Benedictiner
Beda venerabilis, Joscio (zu St. Omer) und Co-
lumbanus.
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grammen im Norden und Süden 1718, restaurirt
1731 und bei einer solchen Gelegenheit auch die
Namen der Heiligen eingegraben. Beiden
Cyklen gemein sind die Zeit, die Stilweise, der
Zusammenhang des Inhalts und daher auch die
Behandlung der Beliefs. Zusammengesetzt aus
drei bis vier Steintafeln bilden sie Vierecke von
2,36m Höhe und 1,90m Breite und zerfallen
horizontal wie vertical jedesmal in drei wie-
derum viereckige Bildnischen mit höchst deco-
rativer Umrahmung; nur tritt im südlichen
Cyclus an Stelle der mittleren Horizontalreihe
eine figurenreiche Darstellung des Messopfers.
Der decorative Besatz der einzelnen Felder
zeugt von den reichsten und wildesten Formen
der Spätgotliik, das Bildliche von so malerischem
und zugleich realistischem Gepräge, dass man
auf den Gewändern oft die Webemuster und
die ihnen nachgebildeten Heiligenfiguren gewahrt;
die Gewänder werfen sich knitterig, in den Fal-
ten brüchig, und die Figuren haften oft nur theil-
weise mehr am Hintergründe. Ausserdem deuten
die Costüme zumal der Frauen und Krieger,
die Stilweise, die Muscheln der Renaissance,
auf eine Entstehung um die Zeit der Brandjahre
1550 oder 1568.
Im Uebrigen zeichnen sich die Bildwerke
durch eine geschickte Raumvertlieiiung, durch
gedrungene Gestalten, durch eine würdige und
sprechende Haltung, durch eine ergreifende
Lebenswahrheit in den Antlitzen und selbst die
bildeinwärts gewandten Gesichter durch eine
ehrliche und sorgliche Durchführung aus.
Die Erklärung fliesst aus den genannten
Unterschriften und die mittlere Darstellung
sticht beiderseits als die vornehmste hervor,
welcher sich die andern wie örtlich so auch
inhaltlich neben- und unterordnen. Im nörd-
lichen Cyclus sind es vor einem von einem
Engel gehaltenen Behänge die Bilder der h.
Maria und Elisabeth und zu deren Füssen ihre
beiden Kleinen, darüber die Taufe des Herrn,
der zwischen Johannes und dem Engel steht,
darunter die Enthauptung des h. Johannes —
in der linken Reihe von oben nach unten die
Päpste Gregor II. und Agatlio, dann die Erz-
bischöfe Anselm und Udephons, darunter Ernest,
Christoph und in Mönchstracht Simon mit einem
Krieger zu Füssen, in der Reihe rechts oben die
beiden Märtyrer Dionysius — in seinen Händen
ein infulirtes Haupt — und Stephanus, dar-
unter Laurentius und Calixtus, und unten wie-
derum drei Heilige: Victor mit Pfeilen, Georg
über dem Drachen, und Fortunatus mit Fahne
und Gorgoschild.
Im südlichen Cyclus behauptet die Messe
des Papstes Gregor den vornehmsten Platz,
nämlich die ganze mittlere Horizontalzone, also
drei Bildfelder. Der Celebrant steht vor dem
mit Kerzen besetzten und mit Behängen ab-
gegrenzten Altar, hinter ihm knieen die Casel
mit einer Hand ergreifend zwei Leviten — alle
im schönsten Ornate mit Stickereien. Daneben
zur Rechten und Linken gruppiren sich stehend
oder vor Pulten knieend Mönche und Bischöfe,
von welchen die beiden nächsten der eine den
Stab, der andere die Tiara hält. Hinter jenen
der linken Seite bleibt noch Raum für die aus
den Flammen als Nackte gen Himmel flehen-
den Seelen; von oben herab schweben Trost
und Hülfe bringende Engel, und ein Seelchen
wird bereits emporgeführt. Der Papst blickt
' aufwärts und hoch über ihm, im obersten Hori-
zontalstreifen, steht bloss im Lendentuche der
siegreiche Erlöser vor dem Kreuze in einer
Strahlenglorie auf einem viereckigen Schemel.
Neben ihm zu Füssen erscheinen in grossen
Brustbildern Maria betend und Johannes die
Hände zusammengelegt und das Auge empor-
gerichtet, an den Seiten und oben die Leidens-
werkzeuge und mit beschämten Antlitzen die
Juden und ihre Helfershelfer. — Die beiden
übrigen Felder oben rechts und links füllen zu
zweien gestellt Augustinus und Ambrosius —
Gregorius und Hieronymus, der letztere mit
j langem Gewände, Cardinaishut, Buche und
Löwen, die andern mit ihren Ornaten und Ab-
zeichen. — In den drei untern Feldern folgen
einander von links nach rechts Bischof Valen-
tinus (von Terracina), den Knaben erweckend,
Bischof Benno und der Abt Gallus, — dann
Benedict mit den Ordensregeln zwischen zwei
Mönchen und zwei Nonnen, von welchen die
vordem knieen — und endlich die Benedictiner
Beda venerabilis, Joscio (zu St. Omer) und Co-
lumbanus.
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