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Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 1.1904-1905

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Heft 1
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Werke von Andries Both
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https://doi.org/10.11588/diglit.20640#0040
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IO

BLÄTTER FÜR GEMALDEKUNDE.

Nr. i.

sicher. Das wohlerhaltene Blatt zeigte
eine flotte, nahezu zerfahrene Mache.
Die Finger waren an den Enden eckig
begrenzt, als ob die Spitzen abgehackt
wären. Das Blatt stammt aus der Wiener
Sammlung W. Koller, die 1872 ver-
steigert wurde. Im Katalog steht es als
Nr. 48 der Zeichnungen und als Gegen-
stück eines Sündenfalles in aller Kürze
verzeichnet.

Die zwei Bildchen, die vor einiger
Zeit bei H. O. Miethke in Wien ge-
wesen, sind als Malereien für A. Both
kaum weniger interessant als die er-
wähnte Zeichnung. Beide sind gut er-
halten, unzweifelhaft echt und völlig
unverdächtig signiert. Jedes weist den
Namen A. Both auf (A und B ver-
bunden) zwischen zwei Punkten in halber
Zeilenhöhe.

Das eine der Bildchen, die etwa
18 cm hoch und 16 cm breit sein mögen,
und beide auf Eichenholz gemalt sind,
stellt einen Trinker dar, der auf einem
Hockstuhl sitzt. Er ist nach links (vom
Beschauer aus) gewendet und hebt einen
braunen Krug zum Munde. Braungraue
Wände im Hintergründe. Signatur rechts
in halber Höhe. Helle Züge.

Das zweite, ein Gegenstück des eben
beschriebenen, bringt einen Raucher
zur Darstellung, der bei einem Tische
sitzt. Einen glimmenden Span hält er
in seiner Rechten, das weiße Tonpfeif-
chen, das er im Munde stecken hat und
eben anraucht, mit der Linken. Auf dem
Tische Krug und ein helles Tüchlein.
Auch hier bilden braungraue Wände
den Hintergrund. Die Signatur findet
sich unten an dem Tische.

Zur Charakteristik der Dargestellten
sei bemerkt, daß derb bäuerliche Typen
als Modelle gedient haben, wie sie auch
auf den signierten Bildern in Leipzig,
Mainz und Budapest zu sehen sind.
Ein gewisser Zusammenhang ergibt sich
auch mit dem signierten Bildchen in
Koblenz, wenigstens durch die Typen

der Kriegsknechte, die auf der Koblenzer
Dornenkrönung Vorkommen. Übrigens
unterscheiden sich die Bilder in Buda-
pest und Koblenz von denen bei Miethke
nicht unwesentlich durch die Darstellung
künstlicher Beleuchtung. Das Koblenzer
Stück gibt die Wirkung von Fackellicht
wieder, im Pester Bilde kommt Kerzen-
licht zur Geltung. *)

Eine Vermutung sei überdies noch
mitgeteilt: In der Augsburger Galerie
wird vom neuen Katalog als Nr. 574
ein Bild (eine figurenreiche Darstellung
der Zirkumzision) als Werk des Benjamin
Cuyp verzeichnet, ein Bild, dessen Mono-
gramm recht undeutlich ist. Immerhin
schien es mir aus A und B zu bestehen,
nicht aus B C, wie der Katalog will.
Die Haltung und Ausführung des ganzen
erinnerte mich nicht wenig an die Art
des Andries Both. Ich meine, das Bild
wird von diesem Künstler herstammen.
Mit Benjamin Cuyp läßt es sich gewiß
nicht zusammenreimen.

Aus der alten Literatur und aus
mehreren alten Inventaren bringe ich
folgendes: Im alten Verzeichnis der

Galerie des Erzherzogs Leopold Wil-
helm von Österreich (aus dem Jahre
1659) wird ein Bild des Andries Both
beschrieben, das eine Osteria darstellte,
dabei einen Brunnen, aus dem ein Mann
Wasser schöpft. Nebenher noch drei
Figuren, von denen eine als Bettler
bezeichnet wird. Das Stück ist seither
verschollen. — In einer Amsterdamer
Schätzung vom Jahre 1692 kommt vor:

*) In Budapest ist eine wohl nötige, aber
im Sinne vorgeschrittener Gesittung nicht sehr
erfreuliche Tätigkeit: das Lausen dargestellt.
(„Kleine Galeriestudien“, I, S. 193.) Das Bild-
chen in Koblenz stellt in körniger Malerei
nicht gerade fein die Dornenkrönung Christi
dar. Es ist signiert auf dem Sitz, den Christus
einnimmt. (Nr. 164 des Kataloges von 1874.)
Ein Bild mit einer chirurgischen Operation,
das 1894 in Utrecht ausgestellt war, ist mir
leider entgangen. Der eingangs erwähnte Ar-
tikel über Andries Both stand in der „Chro-
nique des arts“ von 1895, S. 206 f.
 
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