Nr. 4.
BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
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wirklich nach Bosch „kopiert" ist. Wenn sich
aber Romdahl die Photographie nach dem Ma-
drider Bosch vor den kleinen Jan Brueghel
in Wien halten will, wird er bemerken, daß
trotz des unvorsichtigen Ausdruckes etwas
Wahres an der Sache ist. Zunächst einmal ist
die Gegenüberstellung der Madonna und des
zunächst knieenden Königs auf beiden Bildern
dieselbe. Daß Jan Brueghel beide technisch
anders anfaßt als Bosch, ist ja nicht zu wun-
dern. Worauf aber zumeist die tatsächliche
Anlehnung, die mir vorschwebte, beruht, das
ist zunächst die Stelle vor der Hütte, an der
die erwähnten Figuren angebracht sind und
die Gestaltung der Hütte selbst. Nahezu rein
wiederholt nach dem Gemälde des Bosch ist
die Figur aus dem Königsgefolge, die sich aus
der Tür vorbeugt, wie um neugierig auf den
Hauptvorgang zu blicken. Sie hält sich dabei
mit einem schief aufwärts gerichteten bloßen
Arme am Türpfosten. So zu sehen ebenso bei
Bosch, wie bei Jan Brueghel. Was dann noch
weiter die Ähnlichkeit erhöht, ist das Fenster
unmittelbar neben der Tür, aus dem mehrere
Leute herausschauen. Bei einer weiteren Be-
handlung dieses Falles, die ich diesmal gar
nicht beabsichtige, werden dann auch noch
Bilder aus dem Vorrat der Berliner Galerie
und aus der Galerie Nostitz in Prag heran
müssen.
Im Verzeichnis der Gemälde, wie es
Romdahl zusammenstellt, fehlen gewiß nicht
wenige Werke des älteren Brueghel. Die Kom-
position der Advokatenstube, die oft ko-
piert worden ist, fehlt gänzlich. Ein gutes
Exemplar war vor einiger Zeit bei Dr. Max
Strauß in Wien. Ein sehr beachtenswertes
Exemplar der Predigt Johannis befand
sich in der Sammlung Todesco. Pommers-
felden besitzt ein Werk des älteren P. Brue-
ghel (Bauernfest).
Da sich Romdahl gewiß sehr in die
Unterscheidung der Werke des älteren und
jüngeren Peeter Brueghel eingearbeitet hat,
wird er sich auch über die Bilder in Graz
(Volksfest), Kremsier (Allegorie) und Budapest
(bildnisartige Darstellungen) bald klar werden,
falls er ihnen seine Aufmerksamkeit widmen
will. Die Reihe der Rundbildchen (von zirka
16—17 cm Durchmesser) mit Sprichwortdar-
stellungen wird sich als ziemlich lange heraus-
stellen, wobei freilich die Kopien von der
Hand des Sohnes oftmals aushelfen müssen.
In Pommersfelden befinden sich viele dieser
Rundbilder, von denen es auch welche gab
und gibt in den Wiener Sammlungen Alfred
Stern, Widerhofer, ferner bei Baron Speck-
Sternburg auf Lützschena, im Prager Rudol-
finum, im Stift St. Florian, in der kleinen
Galerie zu Koblenz.
Romdahls Brueghelheft ist mit vielen
Abbildungen versehen, die den Wert der Ver-
öffentlichung nicht unwesentlich erhöhen. Ich
wiederhole anbei eine der Abbildungen, die
auf ein besonders interessantes Stück der
Sammlung Figdor zurückgeht.*) Es ist ein
Holzstock, dessen xylographische Bearbeitung
in einer Ecke begonnen ist. Brueghel hat auf
die sehr dünn geweißte Fläche eine Feder-
zeichnung ausgeführt, deren Darstellung: Hoch-
zeit des Mopsus und der Nisa (nach Virgil,
Eclog. VIII) aus dem Stich von Petrus a Merica
(P. v. d. Heyden) **) bekannt ist. Links unten
ein abgegrenzter Streifen, auf dem undeutlich
Brueghels Name und die Reste einer Jahres-
zahl 15, alles in retrograder Schrift zu sehen
sind. (Breite o-4i6, Höhe 0 266, Dicke 0-028.)
Eine damit verwandte Tänzergruppe findet
sich links auf dem großen Bild im Wiener Hof-
museum: Streit des Faschings mit den Fasten.
Der merkwürdige Holzstock war ehedem
Bestandteil der Wiener Sammlung Gsell, steht
aber nicht im Versteigerungskatalog ver-
zeichnet, sondern wurde als Nr. F ausgerufen,
wie aus einem auf die Kehrseite aufgeklebten
Blatte ersichtlich ist. Vor etwa zehn Jahren
wurde dieser Holzstock im Wiener Kunst-
handel gesehen; er sollte nach München wan-
dern, doch nahm ich die Gelegenheit wahr,
ihn anzukaufen. Einige Zeit danach gab ich
ihn an die Sammlung Figdor ab.
Auch auf der Abbildung ist ganz wohl
zu sehen, daß links oben mit dem Ausarbeiten
des Holzschnittes begonnen ist, und gerade
dadurch gewinnt dieser Kunstgegenstand be-
sonderes Interesse. Er ist zugleich Zeichnung
von der Hand des alten Brueghel und Denk-
mal der alten Holzschnittechnik aus der
zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts.
ZUR BILDNISKUNDE.
Die Bildnisse der Königin Marianne
von Spanien wurden in gründlicher Weise
bearbeitet von Heinrich Zimmermann
im „Jahrbuch der Kunstsammlungen des
allerhöchsten Kaiserhauses“, Bd. XXV, Heft 4.
Diese Arbeit bildet den ersten Abschnitt einer
Folge von Studien „Zur Ikonographie des
Hauses Habsburg“. 4 Tafeln und 45 Textab-
bildungen sind dem Hefte beigegeben, unter
denen sich auch solche nach Velasquez und
*) Für die gütige Erlaubnis zur Benützung des
Klischees bin ich Herrn Hofrat Baron W. Weckbecker
und Herrn Bibliothekar und Kustos Dr. H. Zimmer-
mann zu Dank verpflichtet.
**) Diese Namen wurden durch H. Hymans iden-
tifiziert in der Biographie Nationale de Belgique
(Artikel Merica).
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BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.
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wirklich nach Bosch „kopiert" ist. Wenn sich
aber Romdahl die Photographie nach dem Ma-
drider Bosch vor den kleinen Jan Brueghel
in Wien halten will, wird er bemerken, daß
trotz des unvorsichtigen Ausdruckes etwas
Wahres an der Sache ist. Zunächst einmal ist
die Gegenüberstellung der Madonna und des
zunächst knieenden Königs auf beiden Bildern
dieselbe. Daß Jan Brueghel beide technisch
anders anfaßt als Bosch, ist ja nicht zu wun-
dern. Worauf aber zumeist die tatsächliche
Anlehnung, die mir vorschwebte, beruht, das
ist zunächst die Stelle vor der Hütte, an der
die erwähnten Figuren angebracht sind und
die Gestaltung der Hütte selbst. Nahezu rein
wiederholt nach dem Gemälde des Bosch ist
die Figur aus dem Königsgefolge, die sich aus
der Tür vorbeugt, wie um neugierig auf den
Hauptvorgang zu blicken. Sie hält sich dabei
mit einem schief aufwärts gerichteten bloßen
Arme am Türpfosten. So zu sehen ebenso bei
Bosch, wie bei Jan Brueghel. Was dann noch
weiter die Ähnlichkeit erhöht, ist das Fenster
unmittelbar neben der Tür, aus dem mehrere
Leute herausschauen. Bei einer weiteren Be-
handlung dieses Falles, die ich diesmal gar
nicht beabsichtige, werden dann auch noch
Bilder aus dem Vorrat der Berliner Galerie
und aus der Galerie Nostitz in Prag heran
müssen.
Im Verzeichnis der Gemälde, wie es
Romdahl zusammenstellt, fehlen gewiß nicht
wenige Werke des älteren Brueghel. Die Kom-
position der Advokatenstube, die oft ko-
piert worden ist, fehlt gänzlich. Ein gutes
Exemplar war vor einiger Zeit bei Dr. Max
Strauß in Wien. Ein sehr beachtenswertes
Exemplar der Predigt Johannis befand
sich in der Sammlung Todesco. Pommers-
felden besitzt ein Werk des älteren P. Brue-
ghel (Bauernfest).
Da sich Romdahl gewiß sehr in die
Unterscheidung der Werke des älteren und
jüngeren Peeter Brueghel eingearbeitet hat,
wird er sich auch über die Bilder in Graz
(Volksfest), Kremsier (Allegorie) und Budapest
(bildnisartige Darstellungen) bald klar werden,
falls er ihnen seine Aufmerksamkeit widmen
will. Die Reihe der Rundbildchen (von zirka
16—17 cm Durchmesser) mit Sprichwortdar-
stellungen wird sich als ziemlich lange heraus-
stellen, wobei freilich die Kopien von der
Hand des Sohnes oftmals aushelfen müssen.
In Pommersfelden befinden sich viele dieser
Rundbilder, von denen es auch welche gab
und gibt in den Wiener Sammlungen Alfred
Stern, Widerhofer, ferner bei Baron Speck-
Sternburg auf Lützschena, im Prager Rudol-
finum, im Stift St. Florian, in der kleinen
Galerie zu Koblenz.
Romdahls Brueghelheft ist mit vielen
Abbildungen versehen, die den Wert der Ver-
öffentlichung nicht unwesentlich erhöhen. Ich
wiederhole anbei eine der Abbildungen, die
auf ein besonders interessantes Stück der
Sammlung Figdor zurückgeht.*) Es ist ein
Holzstock, dessen xylographische Bearbeitung
in einer Ecke begonnen ist. Brueghel hat auf
die sehr dünn geweißte Fläche eine Feder-
zeichnung ausgeführt, deren Darstellung: Hoch-
zeit des Mopsus und der Nisa (nach Virgil,
Eclog. VIII) aus dem Stich von Petrus a Merica
(P. v. d. Heyden) **) bekannt ist. Links unten
ein abgegrenzter Streifen, auf dem undeutlich
Brueghels Name und die Reste einer Jahres-
zahl 15, alles in retrograder Schrift zu sehen
sind. (Breite o-4i6, Höhe 0 266, Dicke 0-028.)
Eine damit verwandte Tänzergruppe findet
sich links auf dem großen Bild im Wiener Hof-
museum: Streit des Faschings mit den Fasten.
Der merkwürdige Holzstock war ehedem
Bestandteil der Wiener Sammlung Gsell, steht
aber nicht im Versteigerungskatalog ver-
zeichnet, sondern wurde als Nr. F ausgerufen,
wie aus einem auf die Kehrseite aufgeklebten
Blatte ersichtlich ist. Vor etwa zehn Jahren
wurde dieser Holzstock im Wiener Kunst-
handel gesehen; er sollte nach München wan-
dern, doch nahm ich die Gelegenheit wahr,
ihn anzukaufen. Einige Zeit danach gab ich
ihn an die Sammlung Figdor ab.
Auch auf der Abbildung ist ganz wohl
zu sehen, daß links oben mit dem Ausarbeiten
des Holzschnittes begonnen ist, und gerade
dadurch gewinnt dieser Kunstgegenstand be-
sonderes Interesse. Er ist zugleich Zeichnung
von der Hand des alten Brueghel und Denk-
mal der alten Holzschnittechnik aus der
zweiten Hälfte des XVI. Jahrhunderts.
ZUR BILDNISKUNDE.
Die Bildnisse der Königin Marianne
von Spanien wurden in gründlicher Weise
bearbeitet von Heinrich Zimmermann
im „Jahrbuch der Kunstsammlungen des
allerhöchsten Kaiserhauses“, Bd. XXV, Heft 4.
Diese Arbeit bildet den ersten Abschnitt einer
Folge von Studien „Zur Ikonographie des
Hauses Habsburg“. 4 Tafeln und 45 Textab-
bildungen sind dem Hefte beigegeben, unter
denen sich auch solche nach Velasquez und
*) Für die gütige Erlaubnis zur Benützung des
Klischees bin ich Herrn Hofrat Baron W. Weckbecker
und Herrn Bibliothekar und Kustos Dr. H. Zimmer-
mann zu Dank verpflichtet.
**) Diese Namen wurden durch H. Hymans iden-
tifiziert in der Biographie Nationale de Belgique
(Artikel Merica).
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