Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Frimmel, Theodor von [Editor]
Blätter für Gemäldekunde — 5.1909/​1910

DOI issue:
Heft 2
DOI article:
Frimmel, Theodor von: Aus dem Palazzo Caiselli in Udine
Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/bl_gemaeldekunde1909_1910/0037
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. 2

BLÄTTER FÜR GEMÄLDEKUNDE.

29

Familie Tiepolo ist aber durch einen
Brief erwiesen, der sich im gräflichen
Archiv befindet. Ich habe ihn selbst
gelesen. Andrea Tiepolo in Venedig
schreibt an Bernardino Caiselli in
Udine am 17. Dezember 1718. Der
Brief enthält Glückwünsche. Das Deckern
bild fällt jedenfalls später. Indes möchte
ich es nach dem Typus der Hauptfigur
vor ungefähr 1738 ansetzen. Denn
spätere Arbeiten zeigen, wie Heinrich
Modern eingehend besprochen hat*), ge-
wohnlich den Typus des Modells Chri-
stine. Giov. Batt. Tiepolo war wieder-
holt in Udine tätig, für den Dom, für
das erzbischöfliche Palais. Überdies soll
er ältere Fresken im Palazzo del Muni-
cipio restauriert haben, eine Nachricht,
die freilich nach einer Verwechslung
mit Fresken im großen Saal des Udi-
neser Castello aussieht**). 1726 stand
Tiepolo schon mit Udine in Verbindung,
was urkundlich erwiesen ist***). Damals
arbeitete er für den Dom. 1737 und
1738 erhielt Tiepolo Zahlungen für die
Bilder: Schutzengel und Franziskus
von Sales sowie für ein Altarbild im
Dom. Daß Tiepolo im erzbischöflichen
Palast ganze Reihen von Fresken aus-
*) Heinrich Modern: Giovanni Battista
Tiepolo, eine Studie. Wien, Artaria 1902,
S. 17 ff.
**) Vincenzo da Canal: „Vita di Gregorio
Lazzarini“ (1809, mit Nachrichten aus der
Zeit gegen 1733), S. XXXIII und Anmerkung 9.
Die sonstige sehr weitverzweigte Literatur
über Tiepolo wird diesmal nicht vollständig
aufgezählt. Nur einiges, das nahe Beziehung
zum Thema hat, soll genannt werden. — Die
„Blätter für Gemäldekunde“ haben wiederholt
auf einzelne Werke des Meisters hingewiesen.
Im I. Bande ist die Immaculata conceptio der
Galerie Konsul Weber in Hamburg abgebildet.
— Mehrere der Arbeiten Tiepolos für Udine
sind abgebildet bei Gualterio Valentinis:
„In Friuli“ (Udine 1903).
***) p. Molmenti: II Carpaccio e il Tie-
polo (1885), S. 164. Die Urkunden wurden
neuerlich überprüft, und zwar habe ich dar-
über Auskünfte erhalten durch die gütige
Vermittlung des Herrn Baron Alb. zu Teuften-
bach und des Herrn Grafen Carlo Caiselli.

geführt hat, ist durch den Stil der er-
haltenen Malereien sichergestellt. Für
die gemalte Architektur benützte er eine
Beihilfe (nach Canal). Der Sohn Do-
menico Tiepolo mag ebenfalls mitge-
holfen haben, und zwar an den Figuren
in der Galerie. Dom. Tiepolo hat 1759
in Udine gemalt, und zwar die Chia-
roscuri in der Chiesa della Puritä, einem
Gebäude, das 1756 aus einem Theater
in ein Oratorium verwandelt worden
war*).
Ich halte das Deckenbild im Pa-
lazzo Caiselli für eine eigenhändige
Arbeit des alten Tiepolo und möchte
annehmen, es sei noch vor der Zeit
bemerkenswerter fremder Beihilfe ent-
standen, wohl noch vor 1738, was oben
erörtert wurde, und sicher vor 1759, als
der jugendliche Domenico (er ist 1727
geboren) in Udine tätig war.
Soweit ich bisher ermittelt habe,
sind keine gezeichneten Studien für das
Bild erhalten geblieben**).Eine Farben-
skizze aber im Museo Poldi-Pez-
zoli in Mailand muß auf das Gemälde
bei Caiselli bezogen werden. Man brachte
sie bisher mit der Decke im Palazzo
Donä dalle Rose in Verbindung. Das
*) Hiezu die lapidare Inschrift auf der
Schauseite und F. di Maniago: „Guida
d’ Udine (1825), S. 27 f. Die Signatur der
Chiaroscuri des Tiepoletto lautet: „OPVS //
DOM TIEPOLO FILIVSg ANNO 1759“. Die
Jahreszahl ist bei Maniago verdruckt und
danach oftmals falsch angeführt worden. Die
letzte Ziffer ist sicher eine Neun. An anderen
Stellen berichtet Maniago über die oben be-
rührten Arbeiten des alten Tiepolo in Udine.
Der Schutzengel und Sankt Franziskus sind
aus der aufgehobenen Philippinerkirche ins
erste Stadtmuseum und mit diesem ins Ca-
stellomuseum gelangt.
Die Zeichnungen im Berliner Kabinett
wurden darauf hin von Dr. Jaro Springer
durchgesehen, dem ich hiemit meinen besten
Dank sage. In der Sammlung Sartorio zu
Triest, auch anderswo und unter den Ab-
bildungen und Beschreibungen habe ich selbst
Umschau gehalten. Bei H. de Chennevieres:
Les Tiepolo (1898), der erste Versuch, die
Zeichnungen Tiepolos zu katalogisieren.
 
Annotationen