Bd. VII.
Blätter für Gemäldekunde
Seite 107
ergibt sich die überraschende Tatsache,
daß die Frau mit dem Hunde das Gegen-
stück zu dem Manne mit dem Falken ist.
Beide Bilder sind aus demselben Jahre
1558 datiert und passen auch in den Ab-
messungen fast genau zu einander (Holz,
die Frau: hoch 1'08, breit 0’85, der Mann:
hoch 1*10, breit 0*82 m). Wurzbach,*) dem
die Zusammengehörigkeit der beiden Bil-
der noch nicht bekannt war,**) macht da-
rauf aufmerksam, daß der Falkenjäger
nebst einem, wie er glaubt, verschollenen
Frauen-Porträt als Gegenstück, oder doch
eine Kopie dieses Bildes, früher im Bel-
vedere waren, da Mechel sie beschreibt.***)
Das Caener Bild trägt die bekannte mysteri-
öse Herkunftsbezeichnung „Envoi de FEtat
1811“. Das Bildnis des Floris stammt eben
aus dem Raub von 1809. Zu prüfen wäre
meines Erachtens noch die Frage, ob
diese beiden hervorragenden Porträts nicht
etwa den Maler selbst und seine Frau
Clara vorstellen, de en „halsstarriges, bös-
artiges Wesen“ van Mander so ergötz ich
schi'dert. Die feine Ironie, die sich in dem
Bilde ausspricht, fände so ihre Erklärung.
Von Floris weiß man, daß er ein „höf-
licher und guter Mann“ war, — „di na-
tura huomo molto gentile e cortese“ nennt
ihn Guiccia dini — der ein großes Haus
ausmachte und mit dem Prinzen von
Oranien und anderen G oßen auf freund-
schaftlichem Fuße verkehrte. Es könnte also
nicht besonders auffallen, wenn er sich
als Jäger gemalt hätte. Eine gewisse
Porträt-Ähnlichkeit, z. B. mit dem Stich
in Sandrarts Akademie, wo der Maler
allerdings in höherem Lebensalter darge-
*) Niederländisches Künstler Lexikon, Bd. I,
S. 542.
**) Ein Hinweis auf das Gegenstück findet sich
bereits bei Hermann Riegel in den „Beiträgen zur
niederländischen Kunstgeschichte“ (Bd. II, 1882,
S, 18), wo auf die Abbildung im „Prodromus
(Taf. 9) hingewiesen, aber der Aufbewahrungsort
des weiblichen Bildnisses noch nicht genannt ist.
Hinweis auf das Bild auch in dem vor kurzem
von Dr. Flechsig herausgegebenen Verzeichnis des
Braunschweiger Museums.
***) Ch. vonMechel, K. K. Bilder-Galerie in
Wien 1783 p. 163.
stellt ist, scheint mir vorhanden zu sein;
auch das Alter steht nicht im Wege.*)
Von Cornelis Cornelissen sieht man
ein gut erhaltenes Bild von leuchtender
bräunlicher Färbung „Venu: und Adonis“
in Halbfiguren, dabei ein vorzüglich ge-
malter Hund. Das Bild ist übrigens was
der Katalog nicht angibt, oben in der
Mitte: „CH 1614“ signiert.
Eine sonderbare figurenreiche Darstel-
lung „Die Sklaven der Liebe“ möchte ich
dem älteren Franz Francken**) und
nicht dem jüngeren zuweisen. Es ist
bunt in der Farbe, das Inkarnat sehr hell
und die Köpfe in der bekannten ausdrucks-
losen Manier.
Aus Cassel stammt der hervorragende,
sehr gut erhaltene Rubens „Melchisedek
bietet Abraham Brot und Wein dar“, ein
in der Komposition wunderbar geschlos-
senes Bild. Ein Rubens-Nachahmer
hat nicht ohne Talent aus Motiven der
Venusfeste und Liebesgärten seines Meisters
ein sehr farbenfreudiges „Bacchanal“ kom-
poniert. Die ausgelassenen Nymphen und
Satyren tragen Zeitkostüme. Malerische
Baumgruppen mit fliegenden Amoretten
im Hintergründe (Holz, hoch 0.53, breit
0.94 m, 1892 erworben). Bilder ähnlichen
Stils hat der in Cöln tätige Jan Hüls-
mann angefertigt, z. B. da: ausgezeich-
nete „Gastmahl in einem Park“ des Ger-
manischen Museums.
Das große Gemälde „Die Enthaltsamkeit
des Scipio“ von dem Amsterdamer C 1 a e s z
Cornelisz Moeyart ist für die Schätzung
dieses Meisters wichtig. Nach dem Ka-
talog trägt es die Signatur: Moyaert,
1643. In einem warmen braunen Tone
gemalt, zeigt das Bild Anklänge an R e m-
’) Nach Wurzbach findet sich auf dem Falken-
jäger außer der Jahreszahl auch die Altersangabe
„Aetatis suae XLV1I“ (im Verzeichnis fehlt die-
selbe). Der Dargestellte wäre also 1511 oder 1512
geboren. Floris Geburtsjahr ist nicht genau bekannt,
da van Mander nur die vage Angabe macht,
daß er bei seinem Tode im Jahre 1570 „oudt
in de vijftigh Jaren“ gewesen sei. Roses und
W urzbach, lassen ihn um 1516 geboren sein.
**) So auch Wurzbach, Niederländisches Künst-
ler-Lexikon, Bd. I, S. 551.
Blätter für Gemäldekunde
Seite 107
ergibt sich die überraschende Tatsache,
daß die Frau mit dem Hunde das Gegen-
stück zu dem Manne mit dem Falken ist.
Beide Bilder sind aus demselben Jahre
1558 datiert und passen auch in den Ab-
messungen fast genau zu einander (Holz,
die Frau: hoch 1'08, breit 0’85, der Mann:
hoch 1*10, breit 0*82 m). Wurzbach,*) dem
die Zusammengehörigkeit der beiden Bil-
der noch nicht bekannt war,**) macht da-
rauf aufmerksam, daß der Falkenjäger
nebst einem, wie er glaubt, verschollenen
Frauen-Porträt als Gegenstück, oder doch
eine Kopie dieses Bildes, früher im Bel-
vedere waren, da Mechel sie beschreibt.***)
Das Caener Bild trägt die bekannte mysteri-
öse Herkunftsbezeichnung „Envoi de FEtat
1811“. Das Bildnis des Floris stammt eben
aus dem Raub von 1809. Zu prüfen wäre
meines Erachtens noch die Frage, ob
diese beiden hervorragenden Porträts nicht
etwa den Maler selbst und seine Frau
Clara vorstellen, de en „halsstarriges, bös-
artiges Wesen“ van Mander so ergötz ich
schi'dert. Die feine Ironie, die sich in dem
Bilde ausspricht, fände so ihre Erklärung.
Von Floris weiß man, daß er ein „höf-
licher und guter Mann“ war, — „di na-
tura huomo molto gentile e cortese“ nennt
ihn Guiccia dini — der ein großes Haus
ausmachte und mit dem Prinzen von
Oranien und anderen G oßen auf freund-
schaftlichem Fuße verkehrte. Es könnte also
nicht besonders auffallen, wenn er sich
als Jäger gemalt hätte. Eine gewisse
Porträt-Ähnlichkeit, z. B. mit dem Stich
in Sandrarts Akademie, wo der Maler
allerdings in höherem Lebensalter darge-
*) Niederländisches Künstler Lexikon, Bd. I,
S. 542.
**) Ein Hinweis auf das Gegenstück findet sich
bereits bei Hermann Riegel in den „Beiträgen zur
niederländischen Kunstgeschichte“ (Bd. II, 1882,
S, 18), wo auf die Abbildung im „Prodromus
(Taf. 9) hingewiesen, aber der Aufbewahrungsort
des weiblichen Bildnisses noch nicht genannt ist.
Hinweis auf das Bild auch in dem vor kurzem
von Dr. Flechsig herausgegebenen Verzeichnis des
Braunschweiger Museums.
***) Ch. vonMechel, K. K. Bilder-Galerie in
Wien 1783 p. 163.
stellt ist, scheint mir vorhanden zu sein;
auch das Alter steht nicht im Wege.*)
Von Cornelis Cornelissen sieht man
ein gut erhaltenes Bild von leuchtender
bräunlicher Färbung „Venu: und Adonis“
in Halbfiguren, dabei ein vorzüglich ge-
malter Hund. Das Bild ist übrigens was
der Katalog nicht angibt, oben in der
Mitte: „CH 1614“ signiert.
Eine sonderbare figurenreiche Darstel-
lung „Die Sklaven der Liebe“ möchte ich
dem älteren Franz Francken**) und
nicht dem jüngeren zuweisen. Es ist
bunt in der Farbe, das Inkarnat sehr hell
und die Köpfe in der bekannten ausdrucks-
losen Manier.
Aus Cassel stammt der hervorragende,
sehr gut erhaltene Rubens „Melchisedek
bietet Abraham Brot und Wein dar“, ein
in der Komposition wunderbar geschlos-
senes Bild. Ein Rubens-Nachahmer
hat nicht ohne Talent aus Motiven der
Venusfeste und Liebesgärten seines Meisters
ein sehr farbenfreudiges „Bacchanal“ kom-
poniert. Die ausgelassenen Nymphen und
Satyren tragen Zeitkostüme. Malerische
Baumgruppen mit fliegenden Amoretten
im Hintergründe (Holz, hoch 0.53, breit
0.94 m, 1892 erworben). Bilder ähnlichen
Stils hat der in Cöln tätige Jan Hüls-
mann angefertigt, z. B. da: ausgezeich-
nete „Gastmahl in einem Park“ des Ger-
manischen Museums.
Das große Gemälde „Die Enthaltsamkeit
des Scipio“ von dem Amsterdamer C 1 a e s z
Cornelisz Moeyart ist für die Schätzung
dieses Meisters wichtig. Nach dem Ka-
talog trägt es die Signatur: Moyaert,
1643. In einem warmen braunen Tone
gemalt, zeigt das Bild Anklänge an R e m-
’) Nach Wurzbach findet sich auf dem Falken-
jäger außer der Jahreszahl auch die Altersangabe
„Aetatis suae XLV1I“ (im Verzeichnis fehlt die-
selbe). Der Dargestellte wäre also 1511 oder 1512
geboren. Floris Geburtsjahr ist nicht genau bekannt,
da van Mander nur die vage Angabe macht,
daß er bei seinem Tode im Jahre 1570 „oudt
in de vijftigh Jaren“ gewesen sei. Roses und
W urzbach, lassen ihn um 1516 geboren sein.
**) So auch Wurzbach, Niederländisches Künst-
ler-Lexikon, Bd. I, S. 551.