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Bulletin du Musée National de Varsovie — 32.1991

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Ziemba, Antoni: Joseph - Jakobs Sohn: eine Ausstellung in Warschau und Liegnitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.18940#0019
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2. Giovanni Antonio Burrini, Joseph deulet die Trdume, Warschau, Muzeum Narodowe

Die Ursache eines so intensiven Nachlebens liegt im fabular-stilistischen Rcichtum dieser
biblischen Erzahlung. Der Verlauf von Geschelienissen entfaltet sich breit und weit innerhalb
der Zeit und des Raumts und umfafit Geschichte vieler Generationen und Szcnerien verschiedener
Lan dschaften. Die Erzahlung ist aus unzahligen Episoden, Situationen und Handlungen zusam-
mengewebt. Sie lauft ungleichartig voran: Manchmal ist sie ruhig, im Strom natiirlichen
Zeitverlaufes hintreibend, cin andermal — in den Zeitpunkten dramatischer Peripetien plótzlich
beschleunigt, anderswo — verlangsamt oder — umgekehrt — durch zeitliche tjberspriinge
verkiirzt. Diese dramaturgisch-fabularen Werte wurden von den zahlreichen Dichtern der
Vergangenlieit hoch eingeschatzt und zur Inspirationsquelle fur ihr eigenes Schaffen gemacht,
wie es z B. bei den eminentesten holliindischen Dichtern des 17. Jahrhunderts — Joost van den
Vondel und Hugo de Groot bzw. bei den polnischen Schriftstellern — Mikołaj Rej und Szymon
Szymonowie — oder auch bei den Verfassern der Opern - und Oratoricn-Libretten (Piętro Meta-
stasios Giuseppe riconosciuto von 1733,. Haendcls Joseph and His Brethren von 1744) der Fali war.

Ab er nicht nur die spannungsyollc Dramaturgie der Geschichte war fur die neuzeitliche
Literatur anregend. Auch der ąpęzifisch epische Rhythmus der Erzahlung — weitgespannt,
breit herausgedehnt, im mai tragen, mai schnellen Zeitstrom flicBend, mit raschen, ungewarteten
Fabelumschlagen gegliedert — Rhythmus, der die Erzahlungsweise der modernen monumentalen
Familienromane ins Gedachtnis ruft — faszinierte die Schriftsteller der Neuzeit und der Modernę.
Ein geniales Beispiel dafiir ist selbstverstandlich das monumentale Werk von Thomas Mann —
Joseph und seine Briider (1933—44).

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