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Bulletin du Musée National de Varsovie — 32.1991

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Ziemba, Antoni: Joseph - Jakobs Sohn: eine Ausstellung in Warschau und Liegnitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.18940#0023
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5. Jan Victors, Jakob und der verblulete Rock Josephs, Warschau, Muzeum Narodowe (Palais

Łazienki)

Klugheit (Vernunftigkeit) gesehen wurde. Eine solclie Tradition der moralistischen Auslegung
erhielt sich sehr lange heniach aufrecht, und so erscheint der jungę Joseph in den Barock-Gemal-
den von Girolamo Forabosco und Piętro Liberi (Kat. -Nr. 17, 18), die die Episode mit dem Weib
Portiphars darstellen, ais Figur fur die Tugend der Innocentia und Castitas, gegeniibergestellt
der erotischen Sinnlichkeit des Weibes, das offensichtlich das Laster der Luxuria verkfjrpert (Abb.
1). Auch die anderen Szenen der Geschichte Wurden ais morale Exempel — mai positiy, mai nega-
tiv — betrachtet: Die Versohnung von Jakob und Esau oder die von Jakob und seinen Brudem
versinnbildlichten die briiderliche Liebe, die Naehstenlicbe, die Vergebungsliebe (caritas, mise-
ricordia); die Verschwórung der Briider gegen Joseph symbolisierte umgekehrt den iiblen Neid
und Zorn (invidia, ira); der das Getreide in Agypten verkaufende Joseph sollte die umsichtigc
Regierung figurieren.

Es ist freilich schade, daB noch ein weiteres — und zwar sehr wichtiges — Aspekt der neuzeit-
lichen Jakob- und Joseph-Ikonographie auf der Ausstellung nicht hervorgehoben wurde. Es war
die hollandische Kunst des 17. Jahrhunderts, die in die alttestamentliche Ikonographie eine neue
Interpretationsweise mit eingebracht hat — eine neue, diesmal aber nicht christologische,
sondern national-patriotische Typologie, die in den Predigten, den historichen Chroniken, der
patriotischen Dichtung und den Gesangbiichern, sowie auch in zahlreichen Dramcn zu lesen ist.

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