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Bock, Franz
Die Werke des Mathias Grünewald — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 54: Straßburg, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.21965#0050
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ist. Dazu kommt, daß wir ihn an der Hand seiner Land-
schaftsaquarelle auf der Brennerstraße begleiten können. Aus
einem innern Grunde scheint es mir wahrscheinlicher, daß
diese Zeichnungen auf der Hinreise entstanden und nicht auf
der Rückreise, wie Haendcke will. Ein Künstler reist nicht
wie ein Geschäftsmann mit einer Ziffer mit möglichst viel Nullen
im Kopf und vor der Nase, ein Künstler macht die Augen auf.
Und die Landschaften sagen uns ja deutlich genug, mit wie
empfänglichem Auge und Sinn er die grandiose Bergwelt auf-
nahm. Gegenüber der reizlosen Nürnberger Gegend, in der er
aufgewachsen, war das ja ein ungeheurer Kontrast. Und ebenso
groß war der Unterschied des Lebens und der Kunst, die ihm
hier entgegentraten. Statt der Enge und Spießbürgerlichkeit deut-
schen Lebens und deutscher Kultur hier alles weit, frei, groß-
zügig. Man halte nur mal Wolgemut neben jVJantegna und
man wird begreifen, was dieser Alpenübergang für Dürer be-
deutete. Der Genius, der in der Apokalypse lodert, ist hier erst
entbunden worden. Er kopiert Mantegna, Pollajuolo, ja einen
so unbedeutenden Nachtreter wie Credi mit einer Hingabe und
Andacht, die uns deutlich fühlen lassen, wie wenig fest im
Eignen Dürer damals noch war. Er zeichnet Venetianerinnen,
Türken, Löwen, Rüstungen, vielleicht sogar Antiken, die ihm
zu Gesicht kommen.

Den äußern Anlaß zu der Reise kennen wir nicht. Auch
bei der zweiten haben wir ja darüber nur Vermutungen. Springer
dachte an eine Beziehung zu Jacopo de' Barbari und eine
Tätigkeit für den venetianischen Holzschnitt. Wir wissen aber
nicht sicher, ob Barbari damals in Venedig war, wenn es auch
nach dem vivarinesken Stil der von Morelli und Berenson ihm
zuerkannten Frühwerke mehr als wahrscheinlich ist.40

Denen, welche Thausings Raisonnement in der mit so großem
Frau Agnes. Aufwand unternommenen «Rettung» der Frau Agnes mehr
Glauben schenken, als ihren eignen Augen, scheint es ja freilich
kaum glaublich, daß Dürer so kurz nach den Flitterwochen seine
teure Gattin sollte verlassen haben. Das letzte Stündlein dieses
Logmas dürfte aber bald geschlagen haben. 41 Wer unbefangen
die Bildnisse der Agnes und andrerseits Pirkheimers betrachtet,
kann nur zu dem entgegengesetzten Resultat kommen wie
 
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