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Bode, Wilhelm von; Grossherzogliche Gemälde-Gallerie (Schwerin) [Contr.]
Die grossherzogliche Gemälde-Galerie zu Schwerin — Wien: Gesell. für vervielfältigende Kunst, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.71121#0032
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18

Jahren, sah ich vor längerer Zeit im Kunsthandel in Italien. Ein grösseres, dem Schweriner Bilde ganz
verwandtes Gemälde, das Brustbild eines jungen Mannes, Rembrandt's frühen Selbstbildnissen ver-
wandt und bezeichnet ^ R (zusammengezogen) 1635, besitzt die Galerie zu Göttingen.
Der Künstler gehört, wie ja auch schon die Daten beweisen, zu den ältesten Nachfolgern oder
Schülern Rembrandt's. Er sleht in der That dem Jacob de Wet besonders nahe; doch ist er derber in
seinen Gehalten, energischer in seiner Behandlung, tiefer in der Färbung, düsterer in der Beleuchtung.
Nach dem unheimlichen Licht, namentlich in der Schweriner Kreuztragung, und nach den ungeschlach-
tenen Formen seiner langen Figuren scheint es fast, als ob der Künstler auch zu Bramer in Beziehung
gestanden hätte, dessen Atelier er vielleicht vor dem des Rembrandt in Leiden besuchte.
Ein anderes früher als Original Rembrandt's ausgegebenes Gemälde „Die Dame am Putztisch",
hat der Katalog als ein Werk aus Rembrandt's Schule verzeichnet. Der starke Einfluss Rembrandt's
auf den Künstler, für den ich keinen bestimmten Namen zu nennen weiss, ist unverkennbar. Eine Frau
sitzt vor einem Tische, den ein Smyrnateppich bedeckt, und ordnet ihr Haar vor dem Spiegel. Ein
hohes Fenster lässt volles Licht in den weiten Raum einfallen. Anordnung und Auffassung sind ähnlichen
Bildern von Rembrandt, Gelehrte in ihrem Studirzimmer oder Frauen im Putzzimmer, entlehnt. In der
matten Färbung, dem reichen Farbenauftrag steht der Künstler Schülern Rembrandt's, wie Eeckhout
und B. Fabritius, nahe; doch ist er flauer, farbloser und ausfallend schwach in der Zeichnung der Figur.

Zwei kleine Bildnisse des Nicolaas Maes gehören der späteren Zeit dieses Künstlers an, in welcher
man in den gelockten oder selbst schon gepuderten Personen im Schlafrocks- oder Schäfercostüm, der
barocken Zeichnung und dem kühlen graulichen Ton der Färbung den trefflichen Nachfolger
Rembrandt's, wie er in seinen frühesten Gemälden erscheint, kaum noch herauskennt. Pflegt man ja
auch mit Unrecht häufig diese Bildnisse einem dritten Meister zuzuschreiben. Maes starb erst
vierundzwanzig Jahre nach Rembrandt. Die Umwandlung, welche mit dem Künstler vor sich ging, ist
daher theilweise in der Zeit begründet; können wir eine ähnliche Wendung doch auch bei anderen
Schülern von Rembrandt, wie namentlicli bei Ferdinand Bol, beobachten. Theilweise hat aber auch die
vlämische Kunst, insbesondere Jacob Jordaens, während eines längeren Aufenthaltes des Künstlers in
den spanischen Niederlanden, bestimmend auf die Entwicklung dieser späteren Richtung des Nicolaas
Maes eingewirkt.
Der Katalog führt unter dem Namen des Nicolaas Maes noch ein drittes Gemälde, wenigstens
vermuthungsweise, auf: das lebensgrosse Doppelbildniss von zwei Kindern. Der Künstler dieses Bildes
gehört allerdings der Zeit und Richtung an, aus welcher auch jene späteren Werke des Maes hervor-
gegangen sind; aber eine so helle flaue Färbung, so marklose, rein decorative Behandlungsweise, so
leere Ausfassung der Köpfe, wird man selbst in den geringsten Bildnissen der letzten Zeit des N. Maes
nicht nachweisen können: Eher könnte Constantyn Netscher, der unbedeutende Sohn des Caspar
Netscher, oder ein ähnlicher Maler für das Bild in Frage kommen.
 
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