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Bode, Wilhelm von; Grossherzogliche Gemälde-Gallerie (Schwerin) [Contr.]
Die grossherzogliche Gemälde-Galerie zu Schwerin — Wien: Gesell. für vervielfältigende Kunst, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.71121#0143
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teristische Werke der spätesten Zeit, die in ihrem fast einfarbigen hellbraunen Ton und ihrem coupirten
waldreichen Terrain an die Jugendwerke des Herman Saftleven erinnern, mit dem Keirincx damals
in Utrecht zusammenlebte. Für seine letzten Lebensjahre hat Dr. A. Bredius kürzlich einige neue Daten
zu Tage gefördert: 1650 lebte der Künstler in Amsterdam, und wird daselbst auch in den folgenden
beiden Jahren erwähnt; hier ist er auch 1652 gestorben.
Von den älteren Marinemalern führt der Katalog der Schweriner Galerie zwei Namen auf: Jan
Porcellis und Hendrick van Anthonissen. Das dem Jan Porcellis zugeschriebene unbedeutende kleine
Seestück (Nr. 834), das obenein durch Übermalungen in seiner Wirkung beeinträchtigt ist, scheint mir
keineswegs eine zweifellose Arbeit dieses tüchtigen vlämischen Auswanderers, der in Holland das
nationale Seebild erst eigentlich begründet hat. Die vom Katalog angezweifelte Bezeichnung (V. B.,
wie es scheint) möchte ich für durchaus echt halten. Auch besitzt die Galerie von der Hand desselben
Nachahmers von Porcellis ein zweites Gemälde (Nr. 26), sogar das Gegenstück des eben genannten
Bildes, das als ein Werk des Bonaventura Peeters aufgeführt ist. Es trägt dieselbe Bezeichnung (wohl
P. B), von der jedoch der vordere Buchstabe wieder nicht deutlich zu erkennen ist.
Zweifellos ist dagegegen das Bild von der Hand des Hendrick van Anthonissen (Nr. 26), ein
gutes Werk dieses meist handwerksmässigen Malers. Schon in seiner abweichenden Composition, in der
Feinheit des Tons und der leichten malerischen Behandlung unterscheidet sich dasselbe sehr vortheilhaft
von den gewöhnlichen rohen Seebildern des Anthonissen. Die Biographie des Künstlers, für welche vor
wenigen Jahren noch nicht einmal ein Anhalt gegeben war, verdanken wir wieder den rastlosen For-
schungen von Dr. Bredius. Hendrick van d'Anthonisz (wie er seinen Namen selbst unter einigen Urkunden
zeichnete) war 1605 in Amsterdam geboren, heiratete 1630 im Haag die Schwägerin des Jan Porcellis,
hielt sich schon 1625 und 1635 in Leyderdorp auf und wohnte seit 1636 in Amsterdam, wo Rembrandt in
Beziehung zu ihm gestanden zu haben scheint, da er eines seiner Bilder besass. Nach den Daten auf
seinen Bildern lebte der Künstler noch im Jahre 1655. Er darb vor 1660. Von öffentlichen Sammlungen
besitzen ausser Schwerin nur die Galerien in St. Petersburg, Stockholm, Orleans, Erfurt und Antwerpen
Gemälde des Künstlers, die aber meist der Schweriner Strandansicht nicht gleichkommen.
H-V ANTON
Die Funde für die Lebensgeschichte des Hendrick van Anthonissen, der uns als Künstler nur wenig
erwärmen kann, haben ein allgemeineres Interesse durch die verschiedenen Beziehungen, in denen sie
denselben mit anderen Marinemalern Hollands zeigen. Sie beweisen, dass man ihn früher, ehe man irgend
etwas über sein Leben wusste, mit Recht als einen Nachfolger des Porcellis bezeichnet hat. Wenn es
heute in der Kunstwissenschaft Mode ist, sich über die „Beeinflussungstheorie" lustig zu machen, so lehrt
gerade die neueste Urkundenforschung, dass man das Kind mit dem Bade ausschüttet. Gewiss ist es eine
Thorheit, wenn man aus jedem ähnlichen Zuge in den Gemälden zweier Künstler sofort auf den Ein-
ssuss des einen auf den andern oder gar auf das Verhältniss von Lehrer und Schüler zwischen beiden
schliessen will. Der Kunstgelehrte G. Morelli geisselt in seiner drastischen Weise, die in ihrem Raisonne-
ment und ihrem Witz noch etwas von der behäbigen und doch zugleich beissenden Art des vorigen Jahr-
hunderts hat, die Fehlschlüsse und Absonderlichkeiten, zu denen selbst so ausgezeichnete Forscher wie
Crowe und Cavalcaselle durch ein übertriebenes Suchen nach Einssüssen und Verwandtschaften gelangt
sind. Aber will Morelli desshalb überall da, wo nicht urkundlich das Verhältniss von Lehrer und Schüler
 
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