VORWORT
Im Sommer vorigen Jahres machte mich der Propyläen-Verlag mit einem
Plan bekannt, der zugleich der alten und der neuen Kunst dienen sollte. Es war
beabsichtigt, innerhalb eines Reihenwerkes Biographien solcher Altmeister zu
bringen, die im Kunst- und Kulturbewußtsein gegenwärtiger Menschen stark
und bestimmend weiterleben, eine wesentliche und befruchtende Wirkung auf
das moderne Kunstschaffen üben. Das geschlossene Programm, geniale Künstler-
menschen der Vergangenheit in unsere Zeit hineinzustellen, umfaßte dreizehn
große Namen aus der Kunstgeschichte der Italiener, Niederländer, Spanier,
Franzosen und Deutschen, Der Aufforderung, mich an dem Unternehmen zu
beteiligen, setzte ich zunächst gewisse persönliche Bedenken entgegen. Mir
kommt nämlich unsere deutsche Geistesarbeit, nicht am wenigsten die Kunst-
literatur von heute, als ein Ausfluß der Agonie vor, worin die gesamte Kultur
Europas augenblicklich liegt; die fast ununterbrochen sich folgenden Serien
von Kunstbüchern aller Art sind auch eine Bestätigung dieser Erscheinung, ob-
wohl sie dem ehrlichen Wunsch entstammen, unserer geistigen Not Hilfe zu
leisten. Auch wird jede kunsthistorische Arbeit mehr oder weniger aus dem
Kunstempfinden der eigenen Zeit heraus entstanden sein, aber der eigenen Kunst
werden wir dadurch nicht eben viel nützen, daß wir ihr Vorbilder zu geben suchen.
Indessen, — war es der künstlerische Ernst des Grundgedankens, die ent-
schlossene Gesinnung des Anregers, oder war es der Name Botticelli, der diese
meine theoretischen Bedenken über den Haufen warf ? Der Vorschlag nämlich,
den Band Botticelli zu übernehmen, berührte eine schwache Seite in mir. Ich
besann mich, daß mich seit Jahrzehnten gerade dieses Thema besonders an-
gezogen und immer wieder beschäftigt hatte; ich war überzeugt, manches sagen
Zu können, das in der durchaus nicht spärlichen Literatur über den Meister noch
nicht gesagt war oder mir nicht richtig dargestellt zu sein schien. Ich stimmte
also zu, und da ich gerade meinen Sommerurlaub antrat, so machte ich mich
sofort an die Arbeit: sieben oder acht Wochen später konnte ich das fertige
Manuskript zum Druck geben. Ich erschrak beinahe selbst über die Kürze der
Zeit, in der ich ein ganzes Buch niedergeschrieben hatte...
Da fiel mir zu meinem Trost die Geschichte des japanischen Malers Buson
ein, der einem Kunstliebhaber das Bild eines Hahnes versprochen hatte. Der Be-
steller erkundigte sich von Zeit zu Zeit nach dem Schicksal seines Bildes; da er
Im Sommer vorigen Jahres machte mich der Propyläen-Verlag mit einem
Plan bekannt, der zugleich der alten und der neuen Kunst dienen sollte. Es war
beabsichtigt, innerhalb eines Reihenwerkes Biographien solcher Altmeister zu
bringen, die im Kunst- und Kulturbewußtsein gegenwärtiger Menschen stark
und bestimmend weiterleben, eine wesentliche und befruchtende Wirkung auf
das moderne Kunstschaffen üben. Das geschlossene Programm, geniale Künstler-
menschen der Vergangenheit in unsere Zeit hineinzustellen, umfaßte dreizehn
große Namen aus der Kunstgeschichte der Italiener, Niederländer, Spanier,
Franzosen und Deutschen, Der Aufforderung, mich an dem Unternehmen zu
beteiligen, setzte ich zunächst gewisse persönliche Bedenken entgegen. Mir
kommt nämlich unsere deutsche Geistesarbeit, nicht am wenigsten die Kunst-
literatur von heute, als ein Ausfluß der Agonie vor, worin die gesamte Kultur
Europas augenblicklich liegt; die fast ununterbrochen sich folgenden Serien
von Kunstbüchern aller Art sind auch eine Bestätigung dieser Erscheinung, ob-
wohl sie dem ehrlichen Wunsch entstammen, unserer geistigen Not Hilfe zu
leisten. Auch wird jede kunsthistorische Arbeit mehr oder weniger aus dem
Kunstempfinden der eigenen Zeit heraus entstanden sein, aber der eigenen Kunst
werden wir dadurch nicht eben viel nützen, daß wir ihr Vorbilder zu geben suchen.
Indessen, — war es der künstlerische Ernst des Grundgedankens, die ent-
schlossene Gesinnung des Anregers, oder war es der Name Botticelli, der diese
meine theoretischen Bedenken über den Haufen warf ? Der Vorschlag nämlich,
den Band Botticelli zu übernehmen, berührte eine schwache Seite in mir. Ich
besann mich, daß mich seit Jahrzehnten gerade dieses Thema besonders an-
gezogen und immer wieder beschäftigt hatte; ich war überzeugt, manches sagen
Zu können, das in der durchaus nicht spärlichen Literatur über den Meister noch
nicht gesagt war oder mir nicht richtig dargestellt zu sein schien. Ich stimmte
also zu, und da ich gerade meinen Sommerurlaub antrat, so machte ich mich
sofort an die Arbeit: sieben oder acht Wochen später konnte ich das fertige
Manuskript zum Druck geben. Ich erschrak beinahe selbst über die Kürze der
Zeit, in der ich ein ganzes Buch niedergeschrieben hatte...
Da fiel mir zu meinem Trost die Geschichte des japanischen Malers Buson
ein, der einem Kunstliebhaber das Bild eines Hahnes versprochen hatte. Der Be-
steller erkundigte sich von Zeit zu Zeit nach dem Schicksal seines Bildes; da er