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Boeheim, Wendelin
Handbuch der Waffenkunde: das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts — Leipzig, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.13832#0369
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358

II. Die Angriffswaffen,

Tieres roh zugeschnitzt zu sein scheint. (Fig. 416.) Unter den
flüchtenden Engländern aber erblicken wir Leute, welche eine Art
Streitkolben führen, die aus einem rosettenartigen Kopf an einem
etwa 50 cm. langen Stiele bestehen, der ziemlich gewichtig sein
mufs, da sie ihn auf der Schulter tragen. (Fig. 417.) Wie sehr
diese einfache und gewifs wirksame Waffe unter den Tüchtigsten
Ansehen genofs, ersehen wir in dem französischen Roman der Alis-
cans aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, in welchem der Held
Rainvars selbst ein Schwert, das ihm geboten wird, verschmäht und
mit seinem 15 Fufs langen Streitkolben (tinel) die Sarazenen be-
kämpft. Die Abbildung eines mit einem einfachen rohen Streit-
kolben bewehrten Kriegers bringt Viollet-le-Duc aus dem Manuskript
des Tristan von ungefähr 1250.*)

Der Streitkolben war weniger eine Waffe des gemeinen Fufs-

Fig. 418. Fufsknecht in Haubert, Brünne und Waffenhemd
gekleidet und mit Schild und Baculus bewaffnet. Randzeichnung aus
dem Codex Balduini Treviensis von ca. 1340.

Fig. 419. Streitkolben aus Bronze, unweit Tarnow aus der
Erde gegraben. 12. Jahrhundert. Sammlung Rogawski.

volkes als der Bauern, weshalb wir ihn auch in allen Empörungs-
kriegen finden. In der Reiterei ist er vom 14. Jahrhundert an eine
aufserordentlich verbreitete Waffe, die geradezu unentbehrlich für den
Reiter erschien. Mit dem Streitkolben, dem Streithammer und der
Streitaxt war der Reiter im Stande, den Helm seines Gegners zu
zertrümmern oder den Haubert soweit zu trennen, dafs die Schwert-
klinge einen Eingang finden konnte, ja, ein Schlag mit dem Kolben
konnte den bestgeharnischten Arm entzweibrechen; davor schützten

Fig. 418.

Fig. 419.

*) Dict. du mob. frangais. Art. Masse.
 
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