LEBENSBILD EINES SAMMLERS
Die Sammlung Georg Schuster in München bildet heute das kostbare Ver*
mächtnis eines zu früh verstorbenen Kunstfreundes an seine Kinder. Ein Leben
lang hat dieser seltene Mann neben der täglichen rastlosen Arbeit und der Sorge
für seine Familie nur einen Gedanken gehabt, der ihn in jüngeren und in älteren
Jahren mit gleicher Leidenschaft erfüllte: Das Kunstgut seiner Heimat, das er
in seiner Plastiksammlung um sich herum aufgebaut hatte, klug zu mehren. Daß
er in diesem Bestreben durch das weitgehende Verständnis seiner Lebens*
gefährtin unterstützt wurde, sichert der sammlerischen Hinterlassenschaft dieser
beiden äußerlich einfachen Menschen den Rang einer mühevollen, mit mancher
Entbehrung, aber mit glühender Liebe zur Kunst vollendeten Lebensarbeit.
Der nie ermüdende Eifer und die verbissene Zähigkeit, mit denen Georg Schuster
ein Menschenalter lang am Ausbau seiner Kunstsammlung arbeitete, finden ihre
Erklärung in der harten Jugend des Mannes. Wer seine Herkunft und seinen
Lebenslauf nicht kennt, wird eine hinreichende Anteilnahme an dem inneren
Wert seines Schaffens nur schwer aufzubringen vermögen.
Sein Sammeleifer entsprang nicht dem Zufall einer launischen Eingebung oder
gar dem nüchternen Bestreben, Reichtümer um sich zu sammeln. Er war eine
jener echten Sammlernaturen, die bereit sind, für ein als richtig erkanntes Ziel
alles zu opfern: Die Ruhe eines beschaulichen und sorgenlosen Daseins, das
natürliche Recht auf einen täglichen Feierabend und wöchentlichen Sonntag, die
sichere Aussicht auf einen geruhsamen Lebensabend.
Vielleicht kann eine solche Veranlagung nur von verwandten Naturen in ihrem
vollen Umfang verstanden werden. Von den Außenstehenden, die nie die innere
Berufung zum Kunstsammeln in sich verspürt haben, wird solches Tun nicht
selten mit einem Kopfschütteln verfolgt. Sie ahnen nicht, daß diese Beschäftigung
die empfindsamsten Triebe zum Erwachen bringt, daß Sammelleidenschaft im
Grunde nichts anderes ist als eine der ursprünglichsten, frühesten menschlichen
Regungen, die bis heute ihre Geltung bewahrt haben: Nichts anderes als Jagd*
leidenschaft. Die Mühe des Aufspürens, des Anschleichens, des weidgerechten
Erlegens des Wildes lohnt sich um ihrer selbst willen. Sie bedarf im Grunde
keines anderen Lohnes. Die Jagdtrophäe wird als sichtbares Zeichen dieser
Mühe der Gruppe früher erbeuteter Erinnerungsstücke eingereiht. Aber der
höchste Lohn ist nicht die Besitzerfreude, sondern der Augenblick des Erlegens,
für den Sammler eben die Gewißheit, ein unbekanntes, in seinem wahren Wert
vielleicht noch unerkanntes Kunstwerk aus seiner Verborgenheit hervorgeholt
und es damit für immer den Zufälligkeiten eines widrigen Schicksals entrissen
zu haben.
XI
Die Sammlung Georg Schuster in München bildet heute das kostbare Ver*
mächtnis eines zu früh verstorbenen Kunstfreundes an seine Kinder. Ein Leben
lang hat dieser seltene Mann neben der täglichen rastlosen Arbeit und der Sorge
für seine Familie nur einen Gedanken gehabt, der ihn in jüngeren und in älteren
Jahren mit gleicher Leidenschaft erfüllte: Das Kunstgut seiner Heimat, das er
in seiner Plastiksammlung um sich herum aufgebaut hatte, klug zu mehren. Daß
er in diesem Bestreben durch das weitgehende Verständnis seiner Lebens*
gefährtin unterstützt wurde, sichert der sammlerischen Hinterlassenschaft dieser
beiden äußerlich einfachen Menschen den Rang einer mühevollen, mit mancher
Entbehrung, aber mit glühender Liebe zur Kunst vollendeten Lebensarbeit.
Der nie ermüdende Eifer und die verbissene Zähigkeit, mit denen Georg Schuster
ein Menschenalter lang am Ausbau seiner Kunstsammlung arbeitete, finden ihre
Erklärung in der harten Jugend des Mannes. Wer seine Herkunft und seinen
Lebenslauf nicht kennt, wird eine hinreichende Anteilnahme an dem inneren
Wert seines Schaffens nur schwer aufzubringen vermögen.
Sein Sammeleifer entsprang nicht dem Zufall einer launischen Eingebung oder
gar dem nüchternen Bestreben, Reichtümer um sich zu sammeln. Er war eine
jener echten Sammlernaturen, die bereit sind, für ein als richtig erkanntes Ziel
alles zu opfern: Die Ruhe eines beschaulichen und sorgenlosen Daseins, das
natürliche Recht auf einen täglichen Feierabend und wöchentlichen Sonntag, die
sichere Aussicht auf einen geruhsamen Lebensabend.
Vielleicht kann eine solche Veranlagung nur von verwandten Naturen in ihrem
vollen Umfang verstanden werden. Von den Außenstehenden, die nie die innere
Berufung zum Kunstsammeln in sich verspürt haben, wird solches Tun nicht
selten mit einem Kopfschütteln verfolgt. Sie ahnen nicht, daß diese Beschäftigung
die empfindsamsten Triebe zum Erwachen bringt, daß Sammelleidenschaft im
Grunde nichts anderes ist als eine der ursprünglichsten, frühesten menschlichen
Regungen, die bis heute ihre Geltung bewahrt haben: Nichts anderes als Jagd*
leidenschaft. Die Mühe des Aufspürens, des Anschleichens, des weidgerechten
Erlegens des Wildes lohnt sich um ihrer selbst willen. Sie bedarf im Grunde
keines anderen Lohnes. Die Jagdtrophäe wird als sichtbares Zeichen dieser
Mühe der Gruppe früher erbeuteter Erinnerungsstücke eingereiht. Aber der
höchste Lohn ist nicht die Besitzerfreude, sondern der Augenblick des Erlegens,
für den Sammler eben die Gewißheit, ein unbekanntes, in seinem wahren Wert
vielleicht noch unerkanntes Kunstwerk aus seiner Verborgenheit hervorgeholt
und es damit für immer den Zufälligkeiten eines widrigen Schicksals entrissen
zu haben.
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