II Vorwort
prächtige Persönlichkeit unmittelbar zu jedem einmal spricht und sei es
nur, solang er Kind war. Die andere Seite seines Werkes aber ist vielleicht
die bedeutendere, wenn hier Abwägung sich nicht vielmehr ausschließt.
Ich meine die Jugendwerke, vor allem die landschaftlichen Zeich-
nungen der zwanziger und dreißiger Jahre. Denn hier arbeitet Richter
an einer Kunstbewegung mit, die für Deutschland die wertvollste seit Jahr-
hunderten gewesen ist, an dem Wiedererwecken der Freude an schlichter
Naturwiedergabe, ja eines deutschen Kunstempfindens überhaupt. Es be-
deutet den Hauptwert der Cichorius'schen Richter- und deut-
schen Handzeichnungssammlung, daß sie diese Kunstbewegung
umfassend illustriert. Darin ist sie fast einzigartig, denn eine solche
Sammlung konnte nur in persönlicher Fühlung mit den Künstlern jener
lang vergangenen Zeit entstehen. Die Anschauungen der dazwischen liegenden
Generationen bewahrten die Werke jener Zeit nicht, und nur ein hohes
Greisenalter des Besitzers hielt seine Schätze bis in unsere Zeit zusammen,
die von diesen Blättern in richtiger Erkenntnis ihres historischen Wertes wieder
sammelt, was von den leicht vergänglichen Zeichnungen noch zu haben ist.
Es ist bezeichnend, daß die wieder beginnende Schätzung jener Kunst
bei den Werken einiger abseits Arbeitender Avie Friedrich, und einiger
früh Verstorbener wie Erhard, Fohr, wieder einsetzte, bei denen spätere
Wandlungen gegen die Mitte des Jahrhunderts die Frühwerke nicht in den
Hintergrund schoben, und deshalb begreiflich, daß Ludwig Richter, dessen
bekannte Meisterwerke ungefähr zwischen 1850 und 1870 entstanden, noch
bis vor kurzem ausschließlich der überall bekannte Illustrator und Kinder-
bildner war. Nicht den geringsten Anteil an dieser Unterschätzung seiner
Jugendwerke hat hier vielleicht der Künstler selbst, der in seiner so
weit verbreiteten Selbstbiographie mit großer Bescheidenheit, die eigenen
Werke stets weit unter die der Mitstrebenden stellt und nur von ihren
Unzulänglichkeiten spricht. Um so mehr gilt es die Gelegenheit zu er-
greifen und nachdrücklich auf die hohe Bedeutung seiner früheren Werke
hinzuweisen.
Man sehe sich nur einmal diese anspruchslosen landschaftlichen Blei-
stiftzeichnungen schon von der Reise nach Italien an. den Abersee bei
St. Gilgen (Nr, 5). die Ansicht von Berchtesgaden (Nr. 6) und die Hoch-
gebirgsansichten der folgenden Nummern. Bei aller jugendlichen Unzuläng-
lichkeit spricht hier der Zeitgeist schon so lebhaft, daß diese Blätter einen
feinen Stil bekommen, den das kunstgebildete Auge mit Entzücken genießt,
In Italien wachsen die Kräfte und entstehen Blätter, wie die Sepialand-
prächtige Persönlichkeit unmittelbar zu jedem einmal spricht und sei es
nur, solang er Kind war. Die andere Seite seines Werkes aber ist vielleicht
die bedeutendere, wenn hier Abwägung sich nicht vielmehr ausschließt.
Ich meine die Jugendwerke, vor allem die landschaftlichen Zeich-
nungen der zwanziger und dreißiger Jahre. Denn hier arbeitet Richter
an einer Kunstbewegung mit, die für Deutschland die wertvollste seit Jahr-
hunderten gewesen ist, an dem Wiedererwecken der Freude an schlichter
Naturwiedergabe, ja eines deutschen Kunstempfindens überhaupt. Es be-
deutet den Hauptwert der Cichorius'schen Richter- und deut-
schen Handzeichnungssammlung, daß sie diese Kunstbewegung
umfassend illustriert. Darin ist sie fast einzigartig, denn eine solche
Sammlung konnte nur in persönlicher Fühlung mit den Künstlern jener
lang vergangenen Zeit entstehen. Die Anschauungen der dazwischen liegenden
Generationen bewahrten die Werke jener Zeit nicht, und nur ein hohes
Greisenalter des Besitzers hielt seine Schätze bis in unsere Zeit zusammen,
die von diesen Blättern in richtiger Erkenntnis ihres historischen Wertes wieder
sammelt, was von den leicht vergänglichen Zeichnungen noch zu haben ist.
Es ist bezeichnend, daß die wieder beginnende Schätzung jener Kunst
bei den Werken einiger abseits Arbeitender Avie Friedrich, und einiger
früh Verstorbener wie Erhard, Fohr, wieder einsetzte, bei denen spätere
Wandlungen gegen die Mitte des Jahrhunderts die Frühwerke nicht in den
Hintergrund schoben, und deshalb begreiflich, daß Ludwig Richter, dessen
bekannte Meisterwerke ungefähr zwischen 1850 und 1870 entstanden, noch
bis vor kurzem ausschließlich der überall bekannte Illustrator und Kinder-
bildner war. Nicht den geringsten Anteil an dieser Unterschätzung seiner
Jugendwerke hat hier vielleicht der Künstler selbst, der in seiner so
weit verbreiteten Selbstbiographie mit großer Bescheidenheit, die eigenen
Werke stets weit unter die der Mitstrebenden stellt und nur von ihren
Unzulänglichkeiten spricht. Um so mehr gilt es die Gelegenheit zu er-
greifen und nachdrücklich auf die hohe Bedeutung seiner früheren Werke
hinzuweisen.
Man sehe sich nur einmal diese anspruchslosen landschaftlichen Blei-
stiftzeichnungen schon von der Reise nach Italien an. den Abersee bei
St. Gilgen (Nr, 5). die Ansicht von Berchtesgaden (Nr. 6) und die Hoch-
gebirgsansichten der folgenden Nummern. Bei aller jugendlichen Unzuläng-
lichkeit spricht hier der Zeitgeist schon so lebhaft, daß diese Blätter einen
feinen Stil bekommen, den das kunstgebildete Auge mit Entzücken genießt,
In Italien wachsen die Kräfte und entstehen Blätter, wie die Sepialand-