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C. G. Boerner, Auktions-Institut, Kunst- und Buchantiquariat <Leipzig> [Editor]
Katalog einer kostbaren Autographen-Sammlung aus Wiener Privatbesitz: wertvolle Autographen und Manuskripte aus dem Nachlass von Josef Joachim, Philipp Spitta, Hedwig von Holstein ; Versteigerung 8. u. 9. Mai 1908 (Katalog Nr. 92) — Leipzig, 1908

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.17106#0009
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Ludwig van Beethoven, 1770—1827.

7 L, a. 21 Zeilen 40.

Reizender und humorvoller Brief aus der frühen Wiener Zeit etwa um 1800 an die

Sängerin Christine Gerardi, „Wiens grösste Sängerin", für welche Haydn die
Partie der Eva in der Schöpfung geschrieben hat.
„Liebe Chr. Sie haben gestern etwas hören lassen wegen des Conterfei von mir — ich
wünschte, dass Sie dabei doch etwas behutsam verführen, ich fürchte, wenn wir das
Zurückschicken von Seite der F. wählen, so mochte vielleicht der fatale B. oder der
erzdumme Joseph sich hineinmischen, und dann möchte das Ding noch auf eine
Schikane für mich gemünzt werden, und das wäre wirklich fatal, ich müsste mich
wieder rächen nnd das verdient den doch die ganze populasse nicht — suchen Sie
das Ding zu erwischen so gut als sichs tun lässt, ich versichere Sie, dass ich hernach
alle Maler in der Zeitung bitten werde, mich nicht mehr ohne mein Bewusstsein zu
malen, dachte ich doch nicht, dass ich durch mein eigenes Gesicht noch in Verlegen-
heit kommen könnte. Wegen der Sache, wegen des Hutabziehens, das ist gar zu
dumm und zugleich zu unhöflich als dass ich so etwas rächen könnte, erklären Sie
ihm doch die Rechte des Spazierengehens, — Adje, hol sie der Teufel. —"

8 L. a. s. („Dein wahrer und treuer Vater"). 4 Seiten (27 mit
Bleistift geschriebene Zeilen). 40.

Prachtvoller und ergreifender Brief Beethovens an seinen Neffen, nach dem dieser
einen vereitelten Selbstmordversuch begangen hatte (Juny 1826).

-Schon um dessentwillen, dass du mir wenigstens gefolgt bist, ist alles vergeben und ver-
gessen; mündlich darüber mit dir heute ganz ruhig. — denke nicht, als dass ein anderer
gedanken in mir, als nur dein Wohl herrsche, und hieraus beurtheile mein Handeln
— mache ja keinen Schritt, der dich unglücklich machen und mir das Leben früher
raubte; erst gegen 3 uhr kam ich zum Schlafe, denn die ganze Nacht hustete ich —
ich umarme dich herzlich, und bin überzeugt, dass du mich bald nicht mehr verkennen
wirst, — so beurtheile ich auch dein gestriges Handeln — ich umarme dich sicher
heute um Ein uhr, mache mir nur keinen Kummer, und keine Angst mein', leb
indessen wohl Dein wahrer und treuer Vater.

Auch sind wir allein, ich lasse des wegen H(olz, welcher den jungen B. vom Selbst-
mord abhielt) nicht kommen, umso mehr, da ich wünschte, dass nichts verlauten
möchte von gestern. Komm ja — lass mein armes Herz nicht mehr bluten.

9 L. a. s. (18. Febr. 1827.) 21/» S. gr. 8° mit Adresse.

Sehr interessanter und ungedruckter Brief kurz vor seinem Tode an Zmeskall
gerichtet:

„Tausend dank für ihre Theilnahme, ich verzage nicht, mir ist alle Aufschiebung meiner
Thätigkeit das Schmerzhafteste . . . Vielleicht kommt uns beiden unsere Gesund-
heit entgegen und wir begegnen und sehen uns wieder freundlich in der Nähe" . . .

Der Brief ist während der letzten Krankheit mit Bleistift geschrieben, trägt aber
als Ueberschrift mit kräftiger Schrift den ausgeschriebenen Namen:

Beethoven.

Auktions-Katalog von C. G. Boerner XCII. Autographensammlung.

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