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C. G. Boerner, Auktions-Institut, Kunst- und Buchantiquariat <Leipzig> [Hrsg.]
Katalog einer kostbaren Autographen-Sammlung aus Wiener Privatbesitz: wertvolle Autographen und Manuskripte aus dem Nachlass von Josef Joachim, Philipp Spitta, Hedwig von Holstein ; Versteigerung 8. u. 9. Mai 1908 (Katalog Nr. 92) — Leipzig, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.17106#0041
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Musiker.

Richard Wagner, 1813—1883.

189 L. a. s. Bayreuth 22. März 77. z}J3 S. 8.

Sehr schöner und ungedrucktcr Brief an dieselbe.

„Sie würden spätestens am 3'™ Mai eintreffen müssen und ausser der ihnen zugehörigen
kleinen Stellen der Fricka in den Scenen des Ring des Nibelungen (Rheingold)
und eine kleine Stelle der Gutrune im 3ten Akt der Götterdämmerung, würden Sie
nur das grosse Duett im zweiten Akt des Flieg. Holländers (Senta), das Gebet
der Elisabeth aus Tannhäuser die Scenen der Elsa aus dem 2ten u. dem 3ten Akte'
des Lohengrin, d. h. Duett mit Ortind, das Brautgemachduett mit Lohengrin, die
Partie der Eva im Quintett des 3ten Aktes der Meistersinger, die Parthie der
Brangäne im 2tcn Akt des Tristan, wohl auch die Vogelstimme im 2tcn Akt des
Siegfried übernehmen müssen. Unerlässlich ist es aber, dass Sie die erste Rhein-
tochter (Woglinde) für die Lilli Lehmann übernehmen, welche ich nicht bekommen
kann......"

190 L. a. s. Bayreuth 25. Febr. 187g. 4 volle Seiten gr 4".

Herrlicher ungedruckter Brief an den Vorstand des Wagner-Vereins in Leipzig
gerichtet. Wendet sich in schärfsten Worten gegen bestehende Theaterverhältnisse,
besonders gegen den damaligen Intendanten einer Hofbühne, welchen er einen
„so ausgezeichnet dummen Menschen* nennt. Ferner heisst es: „Ja glauben

Sie denn, wenn Sie in Berlin mit dem Nibelungen-Liebesduett in Costüm alles
in Feuer und Flamme setzen, und nun Herr von Hülsen sich etwa genötigt
sähe, meine „Tetralogie" geben zu wollen, dass ick sie ihm geben würde.
Eher ginge das deutsche Reich unter, seien Sie versichert, als dass ich eine
Note mehr an das Berlin-HUIsener-Operntheater überlasse, ich habe genug
davon....."

191 L. a. s. 0. O. u. J. (Dresden) 1 S. 40 mit Respektblatt u. Adresse.

Hübscher Brief an Tichatschek, Repertoireänderungen betreffend.

192 Eigenhändiges signirtes Musikmanuskript. Titel und 18 Seiten folio.

Prachtstück allerersten Ranges: Die Partitur zum Liebesmahl der Apostel.

Das vorliegende Manuscript umfasst 10 Blatt: Bl. i enthält nur die Ueberschrift
„Gastmahl der Apostel. I.", Bl. 2—9 enthalten die Partitur des 4 stimmigen
Männerchores A capella, welcher hier in 3 Abtheilungen zerfällt: I. Ganzer Chor
der Jünger; II. Botschaft der Apostel; III. Gebet (letztere beiden Ueberschriften
fehlen in dem Druckexpl.) Die Chöre A Capella sind, wie ein Vergleich mit der
gedruckten Partitur ergibt, vollständig hier vorhanden, in der Musik unverändert,
nur mit kleinen Verschiedenheiten in der Tempi-Bezeichnung; von der folgenden
Abtheilung, im Ms. unter No. IV als „Ausgiessung des heiligen Geistes"
bezeichnet — im Druckexpl. fehlt diese Ueberschrift wieder —, wo die Instrumentation
für grosses Orchester beginnt, hat die Handschrift nur I Blatt, welches vom Text
(Stimmen aus der Höhe): „Seid getrost — Machet Euch auf und (Chor der Jünger):
„Welch Brausen erfüllt die Luft — Gegrüsst sei nns du Geist des Herrn, den
wir erfleht" enthält und die dazu gehörige Orchesterbegleitung im Klavierauszug
bringt.

Von unbedeutenden Einrissen abgesehen ist das Manuscript wohl erhalten und ruht
in einer Lcder-Enveloppe.

Das Papier des Manuscriptes stammt noch aus Paris (Lard Esnauld, Paris, 23
nie Feydeau), doch ist bekannt, dass das Werk selbst 1843 in Dresden entstand.
Der Dresdner Männergesangverein veranstaltete im Sommer des Jahres 1843 ein
grosses Musikfest, an dessen glänzendem Gelingen der Meister den grössten Anteil
hatte. Für diesen Anlass entstand das „Gastmahl", mit dem er den Anbruch
der neuen Zeit, die er so sehnlieh herbeiwünschte, in der Darstellung des Pfingst-
festes und der Ausgiessung des heiligen Geistes über die Jünger begeistert verkündet.
Später wurde das Werk umgetauft in:

Das Liebesmahl der Apostel „Gegrüsst seid Brüder in des Herrn Namen", eine

biblische Scene für Männerchor und grosses Orchester.

Derartige Wagnermanuskripte kommen im Handel fast nie vor, und gehören
zu den grössten und begehrtesten Seltenheiten.

Vergleiche das Facsimile auf Tafel 10.

Auktions-Katalog' von C. G. Boerner XCII. Autographensammlung-.

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