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C. G. Boerner, Auktions-Institut, Kunst- und Buchantiquariat <Leipzig> [Hrsg.]
Die Daumier-Sammlung Carl O. Schniewind, New York: Ausgew. Lithographien, Holzschnitte, einige Originalhandzeichnungen ; Versteigerung in Leipzig am 23.5.1933 durch C.G. Boerner und Gutekunst & Klippstein (Katalog Nr. 182) — Leipzig, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.8003#0005
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VORWORT

Daumier - sein Name, seine Kunst kann Glaube und Bekenntnis werden. Tritt
doch in seiner Kunst ein ganz großer Mensch vor uns hin, der zu uns immer
eindringlich und überzeugend sprechen wird. Daumiers Werk fehlt jeder Groll,
jede Bitterkeit, er war im Grunde gutmütig und stets gerecht. Seine politische
Einstellung war getragen von reinster Vaterlandsliebe. Er war glühender Re-
publikaner, aber weit entfernt von jeder sozialistischen Theoretik, denn er stand
täglich gewissermaßen in der politischen Praxis. So griff er alles an, was er als
vaterlandsfeindlich empfand und schlug den Getroffenen unheilbare Wunden.
Für manche wird er deshalb immer ein rotes Tuch bleiben, denn diese sehen nur
das „Was", den Angriff in seiner äußeren Form und Wirkung, die Hauptsache
aber ist das „Wie", die innere Glut und Begeisterung, die tief menschliche Seele
in ihrer großen Güte und Ehrlichkeit. Daumier hat in keinem seiner vielen tau-
send Blätter, die sich fast täglich mit den aktuellsten Stoffen befassen mußten,
bewußt gelogen, denn er war niemals nur ein Reporter, wie'etwa sein weit geringerer
Kollege Cham. Und wie nahe lag doch die Gefahr, bedenkt man den Betrieb
eines Journals, wie es der „Charivari" war, dem Daumier 40 Jahre seine Hand
lieh. Nur Männer größten Formats, wie vielleicht noch Balzac, konnten von
solchem Betrieb unberührt bleiben. Darum, wegen dieser Treue und Wahrhaftig-
keit, schuf Daumier menschliche Typen und Werte, die immer ihre Geltung
haben werden. Daran wird keine spätere Epoche, keine Mode rütteln können,
seine Kunst wird ewig lebendig, jung und gültig bleiben. - Es ist bezeichnend,
daß gerade in Deutschland Daumiers Werk besondere Wertschätzung erfuhr.
Es fand in Karl Voll, Eduard Fuchs, Kurt Berteis, Erich Klossowski und mir
frühe wissenschaftliche Vorkämpfer, die von der Größe dieser Kunst ganz er-
füllt waren. Wohl die wertvollste Daumier-Sammlung, die in den letzten zwei
Jahrzehnten in Deutschland auf den Markt kam, war meine 1916 in München
versteigerte, die neben möglichst großem Umfang besonderes Gewicht auf die
Qualität der Drucke gelegt hatte. Daumier ist in gewissem Sinne populär ge-
worden, aber das richtige Verständnis für die Feinheiten seiner Drucke scheint
noch nicht genügend verbreitet zu sein.
 
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