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Bötticher, Carl
Der Zophorus am Parthenon: hinsichtlich der Streitfrage über seinen Inhalt und dessen Beziehung auf dieses Gebäude — Berlin, 1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.4096#0074
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XIY. Die Paraskeve. Reiter. Viergespanne. 71

finden in demselben nicht statt, diese gehören den Tempeln und Opferstätten
der Göttin als Polias Nike und Hygieia zu. Darstellungen solches Inhaltes
im Zophorus, würden sogleich in Widerspruch mit der cultuslosen Bestim-
mung des Gebäudes treten, sie konnten nicht in denselben aufgenommen
werden, auch sucht man sie vergebens im Bildwerke: dagegen lassen sich
Anspielungen auf den cultuslosen Inhalt erwarten der ausschliesslich jene
Räume füllt. Abgesehen von den flüssigen Geldern und Hypotheken welche
im Opisthodomos niedergelegt sind, besteht der Inventargehalt aller übrigen
Räume in kostbaren Kleinodien und Anathemata aus edlen Metallen: es sind
diese, mit Ausnahme weniger Stükke, kein heiliges consecrirtes Gut, sondern
verfügbares Besitzthum des Staates, das bloss unter der schützenden Form
von geweihtem Gut hier niedergelegt und daher in die Obhut der zu Schatz-
meistern gewählten politischen Beamten gegeben ist. Wird nach den Ur-
kunden dieser Schatzmeister und anderen Zeugnissen das Inventar des Neos
und Pronei'on, in weit überwiegender Menge aus Kleinodien gebildet welche
zur Skeve der Pompen gehören, so erscheint deren Andeutung in den Ge-
räthen über dem Proneion, durch welches alle diese Gegenstände aus- und
eingeführt werden. Umgekehrt erübrigte der Eingang zum Posticum und
Opisthodomos, Anspielungen dieser Art: weil keiner von beiden Räumen
Gegenstände jenes Festapparates enthielt, sind sie hierfür vom Bildner ausser
Betracht gelassen. Unter den Schatzkleinodien überragt jedoch die Skeve zu
den Agonen, an Köstlichkeit und Grossartigkeit des künstlerischen Werthes
alles Uebrige: die goldenen Nikebilder derselben waren örtlich bewegbare
Gegenstände zur Ueberführung nach den Stätten der Agonen, das ebenfalls
cultuslose Goldelfenbeinbild der Parthenos-Athena dagegen blieb ein un-
verrückbar feststehendes Werk. Nach dieser Parthenos ward derjenige Raum
des Neos welcher dasselbe eingrenzt und vom Hekatompedos abscheidet,
Parthenon genannt, hiervon der gleiche Name dann auf den ganzen Schatz-
tempel übertragen, wie das in meiner ersten Abhandlung über dieses Gebäude
schon dargelegt ist. Die gewöhnliche Benutzung jenes Raumes als Inventar-
niederlage, für eine besondere aussergewöhnliche, ist mit dem Bilde der Par-
thenos und dem zu ihm gehörenden Apparate in der deutlichsten Weise be-
zeichnet: es war die cultuslose und rein politische aber glänzende Ceremonie
der Krönung aller Sieger in den panathenäischen Agonen jedes Jahres, der
einzige Festakt überhaupt welcher hier vorging. Der Erkenntniss dass in
diesem Parthenosbilde das allegorische Zeugniss für die Ausrichtung jenes
Kränzungsaktes auf der Stätte hier gegeben sei, wird sich Niemand ver-
schliessen können: einzig und allein bloss zu diesem Zwekke war dasselbe
gemacht und hier aufgestellt, nur deswegen ihm die kranzverlcihende
Nike als unzweideutiges Wahrzeichen auf die Hand gegeben; ohne diesen
Zweck könnte sein ganzes Vorhandensein hier eben sowenig Erklärung ge-
winnen, als das Bema mit dem Kranztische und den Athlothetenthronen vor
ihm. War aber von der Parthenos schon die Namensbezeichnung von dem
 
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