Siegerstatuen. 141
Deine Gewalt schmelzt Göttern den Sinn
Unter Apollons Hand und der hoehbusigeu Musen. —
Aber wen Zeus nicht liebt, der erschrickt,
Wenn er den Laut singender Musen hört,
Auf dem Land, auf dem furchtbaren Meer,
Und tief im Tartaros der götterverhasste,
Der hundertköpfige Typhon.
Wohl hat Horaz Recht, wenn er meint, ein Lied Pindars sei köst-
licher als hundert Bildsäulen: von jenen Tausenden von Siegerstatuen,
welche die Haine von Olympia und Delphoi erfüllten, ist nicht eine einzige
unversehrt auf uns gekommen. Was einem Diagoras, Theron, Psaumis
und wie sie Alle heissen mögen, die Pindars Sang verherrlicht hat, was
ihnen Unsterblichkeit verliehen hat, ist das Lied des Sängers, das heute
noch hunderte mit Entzücken erfüllt. —
Wie die weitaus grösste Zahl der Pindar'schen Lieder und die
seiner Genossen, eines Simonides und Euripides, erst einer späteren
Feier Glanzpunkte bildeten, als der Siegesfeier am fünften olympischen
Festtage, so erfolgte auch später erst die Auszeichnung des Siegers durch
die Errichtung eines Standbildes im heiligen Haine. Einer freilich nicht
ganz unverdächtigen Stelle bei Plinius zufolge durfte sich, wer nur ein-
oder zweimal in Olympia einen Sieg errungen hatte, nur eine solche
Statue setzen, welche durch ihre Stellung oder ihre Attribute die Art
des Kampfes im Allgemeinen charakterisirte, nicht aber die Züge des
Siegers trug. Erst ein dritter Kranz berechtigt zu der Ehre, sich eine
portraitähnliche Statue in voller Lebensgrösse zu setzen. Die Bildwerke
der ersteren Gattung, welche nur einen allgemeinen Typus trugen,
mochten wohl in den Ateliers der Künstler als Ladenwaare jederzeit
fertig zu haben sein. Wahrscheinlich fanden sich Händler mit solchen
Statuen in Olympia zum Feste ein, um ihre Waare an die in glücklicher
Siegesstimmung freigebigen Olympioniken zu verkaufen. Ja einmal bringt
sich ein Bewerber, dem ein Traum den günstigen Ausgang des Kampfes
verheissen hatte, das fertige Standbild bereits nach Olympia mit, um
es nach vollbrachter That gleich aufzustellen.
An den Denkmälern höheren Ranges, den Portraitstatuen, den
bronzenen Quadrigen, betheiligten sich die Künstler erster Grösse und
konnten gewiss kein günstigeres Ausstellungsfeld für ihre Schöpfungen
finden, als die von Tausenden besuchten Feststätten der grossen National-
spiele. Solcher Meisterleistungen der plastischen Kunst werden wir an
anderer Stelle zu gedenken haben. —
Deine Gewalt schmelzt Göttern den Sinn
Unter Apollons Hand und der hoehbusigeu Musen. —
Aber wen Zeus nicht liebt, der erschrickt,
Wenn er den Laut singender Musen hört,
Auf dem Land, auf dem furchtbaren Meer,
Und tief im Tartaros der götterverhasste,
Der hundertköpfige Typhon.
Wohl hat Horaz Recht, wenn er meint, ein Lied Pindars sei köst-
licher als hundert Bildsäulen: von jenen Tausenden von Siegerstatuen,
welche die Haine von Olympia und Delphoi erfüllten, ist nicht eine einzige
unversehrt auf uns gekommen. Was einem Diagoras, Theron, Psaumis
und wie sie Alle heissen mögen, die Pindars Sang verherrlicht hat, was
ihnen Unsterblichkeit verliehen hat, ist das Lied des Sängers, das heute
noch hunderte mit Entzücken erfüllt. —
Wie die weitaus grösste Zahl der Pindar'schen Lieder und die
seiner Genossen, eines Simonides und Euripides, erst einer späteren
Feier Glanzpunkte bildeten, als der Siegesfeier am fünften olympischen
Festtage, so erfolgte auch später erst die Auszeichnung des Siegers durch
die Errichtung eines Standbildes im heiligen Haine. Einer freilich nicht
ganz unverdächtigen Stelle bei Plinius zufolge durfte sich, wer nur ein-
oder zweimal in Olympia einen Sieg errungen hatte, nur eine solche
Statue setzen, welche durch ihre Stellung oder ihre Attribute die Art
des Kampfes im Allgemeinen charakterisirte, nicht aber die Züge des
Siegers trug. Erst ein dritter Kranz berechtigt zu der Ehre, sich eine
portraitähnliche Statue in voller Lebensgrösse zu setzen. Die Bildwerke
der ersteren Gattung, welche nur einen allgemeinen Typus trugen,
mochten wohl in den Ateliers der Künstler als Ladenwaare jederzeit
fertig zu haben sein. Wahrscheinlich fanden sich Händler mit solchen
Statuen in Olympia zum Feste ein, um ihre Waare an die in glücklicher
Siegesstimmung freigebigen Olympioniken zu verkaufen. Ja einmal bringt
sich ein Bewerber, dem ein Traum den günstigen Ausgang des Kampfes
verheissen hatte, das fertige Standbild bereits nach Olympia mit, um
es nach vollbrachter That gleich aufzustellen.
An den Denkmälern höheren Ranges, den Portraitstatuen, den
bronzenen Quadrigen, betheiligten sich die Künstler erster Grösse und
konnten gewiss kein günstigeres Ausstellungsfeld für ihre Schöpfungen
finden, als die von Tausenden besuchten Feststätten der grossen National-
spiele. Solcher Meisterleistungen der plastischen Kunst werden wir an
anderer Stelle zu gedenken haben. —