Zuschauer.
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Auch Männer der Wissenschaft stellten die Ergebnisse ihrer Geistes-
arbeit, Künstler die Werke ihrer Hände dauernd oder während des Festes
in Olympia auf, um sie zu allgemeiner Kenntniss zu bringen. So stellte
der ehiotische Astronom Oinopides, ein Zeitgenosse des Anaxagoras, in
Olympia eine eherne Tafel auf, welche die Vorschläge für eine von ihm
gefundene neue Methode der Zeitrechnung enthielt. Es war einer der
vielen missglückten Versuche griechischer Philosophen, den Sonnen- und
Mondlauf in Uebereinstimmung zu bringen. Des Oinopides „grosses
Jahr" sollte 59 Sonnenjahre umfassen, entsprechend einer Periode von
729 Monaten, worunter 2 Schaltmonate. Die Erfindung, welche wohl
mehr vom speculativen als vom astronomischen Standpunkte aus zu be-
trachten ist (729 ist das Quadrat der pythagoräischen Zahl 27), machte
trotz einer später von Philolaos vorgeschlagenen Verbesserung kein
Glück.
Glücklicher war der Maler Aetion, der in Olympia sein die Ver-
mählung Alexanders mit der Rhoxane darstellendes Tafelbild vorführte
und einen der Preisrichter dadurch so sehr entzückte, dass dieser an-
gesehene Mann dem in den Augen der Hellenen doch als Handwerker
geltenden Künstler seine Tochter zum Weibe gab.
Auch Zeuxis soll, zwar nicht seine Gemälde, sondern vielmehr die
Schätze, welche er sich durch seine Kunstfertigkeit erworben hatte, in
Olympia ausgestellt haben. —
Könnte über die allgemeine und ausserordentlich hohe Bedeutung
des olympischen Festes für das gesammte Griechenland noch irgend ein
Zweifel obwalten, so würde er durch einen Blick auf die Namen der Zu-
schauer schwinden müssen, welche sich zu diesem Schauspiele ein-
fanden.
Dass die grossen Feldherrn und Staatsmänner sich gern an dem
Anblick der lebendigsten Kraftäusserung ihres Volkes erfreuten, kann
nicht Wunder nehmen. Einen Themistokles, Kimon, Philopoimen finden
wir bei den grossen nationalen Festspielen unter der Menge der Zu-
schauer. Als Themistokles bald nach seiner grossen Waffenthat bei Salamis
im olympischen Stadion erschien, erhob sich die ganze nach Tausenden
zählende Menge von ihren Sitzen. Aehnliches begegnete Philopoimen,
dem „letzten Hellenen" in Nemea; als bei dem Wettstreite im Gesänge
der berühmte arkadische Kitharöde Pylades ein Lied des Timotheos an-
stimmte, das mit den Worten begann:
„Der Du der Freiheit Zier um Hellas schmückend gewunden,"
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Auch Männer der Wissenschaft stellten die Ergebnisse ihrer Geistes-
arbeit, Künstler die Werke ihrer Hände dauernd oder während des Festes
in Olympia auf, um sie zu allgemeiner Kenntniss zu bringen. So stellte
der ehiotische Astronom Oinopides, ein Zeitgenosse des Anaxagoras, in
Olympia eine eherne Tafel auf, welche die Vorschläge für eine von ihm
gefundene neue Methode der Zeitrechnung enthielt. Es war einer der
vielen missglückten Versuche griechischer Philosophen, den Sonnen- und
Mondlauf in Uebereinstimmung zu bringen. Des Oinopides „grosses
Jahr" sollte 59 Sonnenjahre umfassen, entsprechend einer Periode von
729 Monaten, worunter 2 Schaltmonate. Die Erfindung, welche wohl
mehr vom speculativen als vom astronomischen Standpunkte aus zu be-
trachten ist (729 ist das Quadrat der pythagoräischen Zahl 27), machte
trotz einer später von Philolaos vorgeschlagenen Verbesserung kein
Glück.
Glücklicher war der Maler Aetion, der in Olympia sein die Ver-
mählung Alexanders mit der Rhoxane darstellendes Tafelbild vorführte
und einen der Preisrichter dadurch so sehr entzückte, dass dieser an-
gesehene Mann dem in den Augen der Hellenen doch als Handwerker
geltenden Künstler seine Tochter zum Weibe gab.
Auch Zeuxis soll, zwar nicht seine Gemälde, sondern vielmehr die
Schätze, welche er sich durch seine Kunstfertigkeit erworben hatte, in
Olympia ausgestellt haben. —
Könnte über die allgemeine und ausserordentlich hohe Bedeutung
des olympischen Festes für das gesammte Griechenland noch irgend ein
Zweifel obwalten, so würde er durch einen Blick auf die Namen der Zu-
schauer schwinden müssen, welche sich zu diesem Schauspiele ein-
fanden.
Dass die grossen Feldherrn und Staatsmänner sich gern an dem
Anblick der lebendigsten Kraftäusserung ihres Volkes erfreuten, kann
nicht Wunder nehmen. Einen Themistokles, Kimon, Philopoimen finden
wir bei den grossen nationalen Festspielen unter der Menge der Zu-
schauer. Als Themistokles bald nach seiner grossen Waffenthat bei Salamis
im olympischen Stadion erschien, erhob sich die ganze nach Tausenden
zählende Menge von ihren Sitzen. Aehnliches begegnete Philopoimen,
dem „letzten Hellenen" in Nemea; als bei dem Wettstreite im Gesänge
der berühmte arkadische Kitharöde Pylades ein Lied des Timotheos an-
stimmte, das mit den Worten begann:
„Der Du der Freiheit Zier um Hellas schmückend gewunden,"