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Boetticher, Ernst
... Sendschreiben über Troja (Teil 5): Hissarlik, wie es ist: auf Grund der Untersuchungen vom 1. bis 6. Dezember 1889 und im Frühjahr und Sommer 1890 ; (nebst Protokoll der Zeugen) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5497#0007
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Der dort in die Karten ein Betragene Bach ist ein unwesentliches, meist trockenes
Rinnsal. Der Umstand, dass dieser Bergrücken, der bei grosser Längenausdehnung
nur geringe (an'mehreren Stellen nur wenige hundert Meter) Breite besitzt, bei
leichter eigener Zugänglichkeit weit in freies überall zugängliches Gelände vor-
springt, erleichtert das Durchbrechen einer etwaigen Befestigung desselben oder
das Absehneiden einer dort gelegenen Burg von dem Hinterland, auf dessen Hilfs-
quellen sie naturgemäss angewiesen wäre. Oestlich geht unser Bergrücken ohne
Abschnittsbildung in das höhere Gebirge über. Diese Verhältnisse würden, im
Falle eine Stadt oder Burg denselben eingenommen hätte, besonders starke
Befestigungen nach O., S- und W. vorgeschrieben haben. Bisher sind aber
nur im S. vereinzelte Spuren einer schwachen Bruchstein-Mörtehnauer am Berg-
abhang nachgewiesen worden (vgl. sub 8). Der geschilderte ' Charakter der
Oertlichkeit Hess mich verstehen, warum auch Feldmarschall Graf von Moltke,
als er (damals Hauptmann im Generalstab) die Troas bereiste, T r oj a nicht
auf Hissarlik suchte, sondern sich, wie er schreibt, „von seinem militärischen
Instinct" nach den Höhen von Bunarbaschi als der wahrscheinlichen Lage
Troja's leiten Hess (vgl. Moltke, Briefe über Zustände und Begebenheiten in der
Türkei aus den Jahren 1835—39).

Man muss nun, wie auch in meinem La Troie de Schliemann (in Commission
bei K. W. Hiersemann, Leipzig) nachgewiesen ist, scharf unterscheiden zwischen
dem soeben gekennzeichneten Bergrücken oder Plateau und jenem kleinen, von
Schliemann ausgegrabenen Schutt-Hügel darauf. Beiden eignet der Name Hissarlik
(d. i. Schlösschen), richtiger wohl xisarlik, (d. i. Trümmerstätte), wie die Bewohner
von Chiblak, einem kleinen Dörfchen in der Nähe, sich ausdrücken. Der „Hügel
Hissarlik" ist durch und durch künstlicher Art d. h. ein Schutthaufen, und hat
150 Meter Durchmesser bei 10 Meter Höhe über dem jetzigen, 16 Meter über
dem Urboden. Die untersten Mauern, welche Schliemann darin 10 Meter tief auf-
gedeckt hat, stehen unmittelbar auf dem felsigen Urboden. Dieser war im Ganzen
oben, nur östlich scheint der Schutt eine vereinzelte Felsstufe von 2 bis vielleicht
von 4 Meter Höhe zu bedecken. Ist das ein Berg — ein Burgberg? Und selbst
dann, wenn man eine mit dieser Felsstufe verbaute und mitsammt ihr nur 6 Meter
hohe Terrasse aus Schutt, die mit Futtermauern bekleidet, den vermeinten
Akropolisgebäuden als Podium dient, in Betracht zieht, darf man sie ohne
Uebertreibung „Burgberg", „Hochburg" nennen, eine „Pergamos, zu der man
von der Unterstadt hinauf stieg"? Auf der Ostseite scheint der Urboden vor
jener Stufe eine flache Mulde zu bilden. Dr. Dörpfeld wollte dafür den doch leicht
eine übertriebene Vorstellung hervorrufenden Ausdruck „Thal'' in das Protokoll
bringen, musste sich aber genügen lassen, dass diese Bodengestaltung als Mulde be-
schrieben wurde.') Doch gaben ihm die Zeugen zu, für die Westseite sei
die Wendung, die Bewohner der Unterstadt seien zur Pergamos hinaufgestiegen,
insofern statthaft, als die Unterstadt sich dort (notabene nach Schliemann's
Phantasie) zu 2/>, den Abhang des Bergrückens hinabgezogen und derart bis zu

') Der vorliegende Text des Protokolls erwähnt sie gar nicht mehr. Die Streichung
ist nachträglich ohne mein Vorwissen erfolgt.

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