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Boetticher, Ernst
... Sendschreiben über Troja (Teil 5): Hissarlik, wie es ist: auf Grund der Untersuchungen vom 1. bis 6. Dezember 1889 und im Frühjahr und Sommer 1890 ; (nebst Protokoll der Zeugen) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5497#0085
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verkohlte Getreide war Todtenspeise, Opfer, und fehlt auch in anderen Nekropolen
selten, findet sieh z. B. stets in ägyptischen, wo es ebenfalls in thönernen Gefässen
liegt. Mithin ist es sehr natürlich, dass die Pithoi gelegentlich etwas Getreide,
Hülsenfrüchte u. dg]., aber nur ausnahmsweise menschliche Reste enthalten. Meist
waren sie leer, vgl- Ilios S. 425, wo Schliemann berichtet, die Zahl der in der
dritten Schicht aufgefundenen Pithoi übersteige gewiss sechshundert (Notabene,
die dritte Schicht ist 3 Meter hoch und war damals 80 Meter lang und 45 Meter
breit aufgedeckt; die ganze Akro- bezw. Nekropöle ist nur 117 Meter oder 15G Schritt
lang und 90 Meter oder 120 Schritt breit) und diese 600 seien meist leer gewesen;
„nur in sehr wenig Fallen fand ich wirklich etwas verkohltes Korn in den Krügen
und nur zweimal eine kleine Menge einer weissen Masse, deren Natur ich nicht
ermitteln konnte." So berichtete Schliemann im Jahi-e 1881.

Es würde natürlich zu weit führen, auf mehr noch einzugehen. Ich kann
hier nicht wiederholen, was ich längst (z. B. Ausland 1883 oder La Troie de Schlie-
mann, Leipzig, K- W. Hiersemann) bewiesen habe, dass die Brandspuren von
künstlich bewirkten, oft wiederholten Verbrennungen auf den verglasten und ver-
russton Lehmböden herrühren, kann hier nicht schildern, wie das aussieht, was
das Protokoll so kurzweg „Mauern, Thürme (!) und Thore" nennt, will nur noch
hervorheben, dass die Zeugen von der (thatsächlich nicht vorhandenen) „Unterstadt"
vorsichtig schweigen.

Im übrigen bitte ich meinen Bericht über meine Untersuchung von
Hissarlik vom 1. bis 6. Dezember v. J- „Hissarlik wie es ist" (in Kommission
bei K. W. Hiersemann, Leipzig) zur Hand zu nehmen, wo bereits der Korridor-
frago und der wahren Beschaffenheit der Terrassen Rechnung getragen ist.

Ernst Boetticher, kgl. pr. Hauptmann a. I).

Es sollen nun, wofür in der vorstehenden Erklärung nicht Raum war, im
Ansehlnss an meinen Bericht noch zwei Punkte in dem Protokoll der acht Zeugen
näher beleuchtet werden.

1. Zur Frage der Feuerspuren.

Das Protokoll behauptet sub 8: „Die Feuerspuren, die man in den ver-
schiedenen Schiebten, am stärksten aber in der zweiten, der verbrannten Stadt
„findet, rühren meist von Feuersbrünsteu her."

Dies widerlegt sich sehr einfach wie folgt: Bis zum Jahre 1882
hiess es, die Feuerspuren seien in der 3. Schicht am stärksten, daher nur diese für
das verbrannte Troja galt. Die 2. Schicht wurde, einzelne „Hausbrände" abge-
rechnet, unverbrannt genannt. Jetzt, seit 1882, seitdem Schliemann dieselbe mit
zu Troja rechnet, wird auch sie am stärksten verbrannt genannt. Dass sieh aber
in der untersten (1.) Schicht ebenfalls gewaltige Brandspuren finden, ergiebt sich
aus nachstehend mitgetheilter Angabe im Ilios S. 37 „Unter dem Niveau des
Opferaltares" (derselbe stand in dem „Thore" OX, Plan VII, vgl. Troja S. 199)
„und des oben erwähnten prähistorischen Hauses" (es ist das in 23 bis 20 Fuss
Tiefe, Ilios S. 36 und Abb. 7 beschriebene, mit 8 oder 9 Zimmern, wo „in den
grösseren Zimmern und nebenan zahlreiche Menschenknochen, aber nur zwei ganze

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