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Boetticher, Ernst
... Sendschreiben über Troja (Teil 5): Hissarlik, wie es ist: auf Grund der Untersuchungen vom 1. bis 6. Dezember 1889 und im Frühjahr und Sommer 1890 ; (nebst Protokoll der Zeugen) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5497#0118
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Nachdem so die Bedeutung der Frage von Hissarlik klargestellt ist, mag ein
Resume' über den gegenwärtigen Stand derselben dies Sendschreiben schliessen.

1) Sc h 1 i e m ann's Tr oj a ist von keinem der nach Hissarlik berufenen Zeugen
anerkannt worden. Bekanntlieh war es i. J. 1822 Maclaren, der zuerst den Hügel
Hissarlik als die Stelle, wo Troja stand, bezeichnete. Andere, wie G. v. Eeken-
brecher (1842) schlössen sich ihm an. Die ersten, freilich nicht tiefen Ausgrabungen
stellte der in der Nähe ansässige Mr. Frank Calvert an. Was er fand, liess ihn
nicht an Troja glauben. Erst Schliemann unternahm (seit 1870) Tiefgrabungen und
bekehrte Mr. Frank Calvert, der darauf auch seine (obwohl durchaus richtige) Auf-
fassung über den Teil von Hanai, den er selbst ausgegraben, änderte (vgl. S. 35).
Jetzt hat M. Calvert das Protokoll vom 30. März mitunterzeichnet. Da nicht ein-
mal dieses die Hypothese „Troja auf Hissarlik" anerkennt, so muss es doch recht
schwach mit ihr bestellt sein. Dr. Waldstein, ebenfalls einer der Unterzeichner
dieses Protokolls hat kürzlich in der Royal Institution zu London über die März-
Untersuchung von Hissarlik gesprochen (vgl. Times Nr. 33021 u. 33022) und tröstet
Schliemann wie folgt: „It still remains not proven whether Hissarlik is the Ilium
„of Homer or no. At least it was a walled town, and Dr. Sehh'emann may console
„himself with the certainty that one time or another it saw wäre of the true Ho-
„merie type. — Wo Schliemann vielleicht Ilion , sei es das homerische oder das
historische, finden könnte, habe ich S. 35—41 auseinandergesetzt

2) Die Frage von Hissarlik lautet heute einfach so, wie ich sie gleich
anfangs gestellt hatte: Ansiedlungen oder Feuernekropole? Ausserhalb des
Hügels hat man Ansiedlungen nicht feststellen können, lieber die dort von den
HH. Sehlieinann und Dörpfeld angegebene „Unterstadt'- beobachten Schliemann's
Zeugen eine vorsichtige Zurückhaltung (Protokoll vom Dezbr. 18S9) bezw. ein viel-
sagendes Schweigen (Protokoll v. März 1890). Aber das Ergebiiiss der von Dr. Schlie-
mann schon während meiner Anwesenheit im Dezember v. ,T. begonnenen Ausgrab-
ung der nordöstlichen Mauer BC, die nach seiner Meinung den Anschluss der
„Akropolis" an eine „Unterstadt'' bekunden würde, sich nunmehr aber, genau
wie ich vorhersagte, als Rampe eines vierten Thores entpuppt hat (vgl. S. 92),
lässt den letzten Anschein, der für eine Unterstadt geltend gemacht werden konnte,
verschwinden. Im Inneren des Hügels sehen Schliemann's Zeugen zwar „Mau-
ern, Thürme und Thore, sowie Ruinen von Wohnungen", aber das Unhaltbare dieser
Anschauung und zugleich die Oberflächlichkeit der Untersuchung dürfte SS. 5—24
und 84—89 nachgewiesen sein. Schliesslich hat die Burg- und Ansiedlungstheorie
durch die Aufdeckung gar eines vierten Thores und die dadurch hervorgerufenen
Künsteleien (vgl. S. 92) den Todesstoss erhalten, wie sich bald genug zeigen wird.
Eine befestigte Ansiedlung von 90 m beziehungsweise 117 m Durchmesser kann un-
möglich soviele Zugänge besessen haben, aber eine Feuernekropole muss sie besessen
haben. „Anzeichen von Leichenverbrennung" haben Schliemann's Zeugen zwar in
keinem Theile der Ruinen wahrgenommen. Da die Herren aber nur nach dem We-
nigen urtheilten, was dort zehn Jahre nach den im Uios beschriebenen Ausgrabun-
gen in wesentlich anderem Znstand noch übrig war, so kann ihre Beobachtung nicht
maassgebend sein für den ursprünglichen Zustand der Ruinen. Dieser, der in La
Troie und vorstehend SS. 24—33, 81 — 83, 89 ti". festgestellt ist, schliosst jeden Zweifel
 
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