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Böttiger, Carl August; Sillig, Julius [Hrsg.]
C. A. Böttiger's kleine Schriften archäologischen und antiquarischen Inhalts (Band 3) — Dresden, Leipzig, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.5486#0428
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Gnumenlustlinge wnrden, die, wie Colnmella einmal sagt, ihre
Unverdauliehkeilen im Magen dadaroh auskochten *) , wohl auch
den Augen unmöglich sehr zuträglich sein. So wie denn über-
haupt 4) die ganze yerwolliisleluog und Entnervung jenes Zeit-
alters, verbunden mit den zügellosesten und unnatürlichsten Ausschweif-
ungen in Tuielgenüssen und in der Liebe, das Ihrige gewifs auch
zur Schwächung des edelsten unserer Sinnesorgane und zur Ent-
wickelung mannichfaltiger Augenübel beitrugen, da es noch täglicli
durch die Erfahrungen unserer einsichtsvollsten Augenärzte bestä-
tigt wird, wie sehr alle Augeniibel durch Unmäfsigkcit gereizt
und verstärkt, oder auch erst erzeugt weiden **). Endlich möchte
man auch 5) die ungeheuere Vervielfältigung der Augensalben,
Augenwasser, Pastillen und Mittel aller Art in den Händen ge-
winnsüchtiger Verkäufer und unwissender Quacksalber und selbst
die Mode, die im Alterthum so gut ihre Herrschaft ausübte wie
bei uns, unter die Ursachen rechnen, wodurch das Uehel selbst oft
vervielfältigt und — wie auch wohl in anderen Fällen zu bemer-
ken ist — aus dem Gegengift neues Gift zubereitet wurde. Keiue
Quacksalberei ist gefahrlicher als die, welche mit metallischen Au-
gensalben and unvorsichtig zubereiteten Augenwassern ihr Unwe-
sen treibt. Wie sehr aber der Drogiiislen- und Sälbenmarkt (Se-
plasia) in Rom sich auf's Verfälschen verstand, und mit welcher
verwahrlosenden Unkunde die elendsten Stümper damals ihre Col-
Ijrien und Augenmittel zubereiteten, lehrt uns PI in ins in einer
Stelle, die für diesen ganzen Theil der Matena Medica der Alten
ungemein wichtig ist ***). Aufserdem scheint es wirklich auch
zum guten Toa gehört zu haben, sich sein Angensälbcheu mit

*) S. Schneider zu Vitruv T, II, p. 387 f.

**) Unsere heutigen bösartigen lippitudines sind wohl meist scrophnlö-
ser Natur. Man kann also bei alten Aerzten Nachrichten von die-
ser Dyskrasie nicht suchen wollen, Sie existirte damals schwer-
lich so, wie bei uns, da durch die Ausbreitung der syphilitischen
Uehel das Lymphensystem wohl ganz anders modiücirt wurde.
Allein darum fehlte es nicht an allerlei Krankheiten und faulen
Früchten, die der Baum der Wollust auch damals in grofser Menge
seinen Pflegern in den Schofs schüttete. Die berühmte Streitfrage
über das Alterthum der Lustseuche hat uns auch Register von Ge-
schwüren und Hautkrankheiten aus den alten Aerzten verschafft,
die nur Folge gränzenloser Ausschweifungen, wenn auch nicht
wirkliche Incunabeln der Lustseuche sein konnten, Vergl, Plat-
ner, de luxu gravissimoruni morborum fönte, Lips. 1786,
***) Plinius XXXIV, II. S, 24. Unstreitig gab es auch npotelesmati-
sche (nach dem Sternenlauf astrologisch zubereitete) Augennüttel.
Ich schliefse diefs aus Juvenal VI, 379.
 
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