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Bohde, Daniela; Vecellio, Tiziano [Ill.]
Haut, Fleisch und Farbe: Körperlichkeit und Materialität in den Gemälden Tizians — Emsdetten, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.23216#0015
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EINLEITUNG

«Was ich über Tizian denke? In einem Wort, auf einer Post-
karte: Fleischlichkeit. »1

Tizian ist für seine Farbe berühmt. Daneben ist es immer wieder die
intensive Körperlichkeit seiner Figuren, die im Zentrum der Auf-
merksamkeit steht, sei es bei einer ruhenden Venus oder einem lei-
denden Märtyrer. Daß Farbe und Körperlichkeit miteinander verbun-
den sind, scheint so offensichtlich und selbstverständlich zu sein,
daß dies bisher nicht untersucht wurde. Die farbanalytischen Studien
aus der ersten Jahrhunderthälfte erwähnen diese Verbindung als
etwas, das sich quasi naturhaft aus Tizians Stilentwicklung ergibt.2
Erst in den letzten zwanzig Jahren - in denen die Natürlichkeit des
Körpers zunehmend in Frage gestellt ist - entwickelt sich ein Inter-
esse dafür, wie Tizian Körper konzipiert und in welchem Verhältnis
dies zu seiner Malweise steht.3 Ebenfalls in den letzten Jahren ist ein
neues Interesse an der Farbe zu beobachten. Rein deskriptive, stil-
geschichtliche oder phänomenologische Farbstudien weichen kul-
turgeschichtlichen Ansätzen. Farbe wird verstärkt als Material wahr-
genommen.4 Dies ist in besonderem Maß für Tizians Kunst relevant.

Im Cinquecento wurde Tizians Malerei als eine Verschmelzung
von Kunst und Natur angesehen. Unablässig rühmten die Zeitgenos-
sen, daß die gemalten Körper atmen und pulsieren. Hierbei betonte
 
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