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Boner, Ulrich; Pannier, Karl [Editor]
Der Edelstein — Leipzig: Reclam, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.52926#0026
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22

Der Edelſtein—

4 (6).
Von einem Irofdy und einer Maug. 1)

Ein Froſch begegnet' einer Maus.
Kaum ſah er ſie, ſo rief er aus:
„Mein Trautgeſpiel, Gott grüße dich!
Laß Freund' uns bleiben ewiglich!“
Die Maus im Weg nicht weiter kann,
Ein fließend Bächlein hemmt die Bahn.
„Ich will dir helfen ohne Spott,“
So ſprach der Froſch, „beim höchſten Gott,
Daß du wohl kommſt nach deinem Haus.“
An ſeinen Fuß band er die Maus
Mit einer Schnur. Als das gethan,
Alſo der Froſch zur Maus begann
(Der Untreu' war ſein Herze voll):
„Ich will dich lehren ſchwimmen wohl,
Damit du kommſt nach deinem Haus.“ —
„Wohlan!“ ſprach die bethörte Maus.
Mit ſchnellem Sprung ins Waſſer flog
Der Froſch und an dem Fuße zog
Die Maus mit ſich, ſie zu verſenken,
Den Freund im Waſſer zu ertränken.
Die Maus ſtrebt' auf, der Froſch zog nieder,
Dem angelobten Thun zuwider,
Und brach alſo der Maus die Treue.
Das ſah von fern ein kühner Weihe
Und trennte ſo den argen Streit,
Daß alle beid' es bracht' in Leid.
Die Maus er mit den Krallen fing,
Der Froſch feſt an dem Schnürlein hing,
Daran er ſelber band die Maus.
Mit beider Leben war es aus:



Quelle: Anonymus Neveleti 3 (de mure et rana).
 
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