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Brandt, Michael; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Materialvorlage und statistische Untersuchungen zur Bandkeramik in Unterfranken — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 54: Kallmünz/​Opf: Verlag Michael Lassleben, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.73526#0014
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diese Art der Auswertung mußte zunächst ein
brauchbarer Aufnahmemodus erarbeitet werden.
Für die angestrebte Materialaufnahme und -auswer-
tung erwies sich die Keramik als aussichtsreichster
Merkmalsträger, da sie sowohl mengenmäßig am
stärksten vertreten ist als auch am besten in einzelne
Elemente (Merkmale) zu gliedern ist. Aus diesem
Grunde wurde nur das keramische Fundmaterial
untersucht und nach einzelnen Merkmalen aufge-
nommen8.
Während der Materialaufnahme, die im Sommer
1976 begonnen wurde, stellte sich heraus, daß die
ursprünglich angestrebte vollständige Erfassung des
unterfränkischen bandkeramischen Materials einen
unangebracht hohen Zeitaufwand erfordern würde;
es wurde deshalb gezielt versucht, einen guten Quer-
schnitt zu erreichen, d. h. Material aus möglichst
vielen Gegenden Unterfrankens zusammenzutra-
gen9.
Die Materialaufnahme wurde im Sommer 1978 ab-
geschlossen beim Stand von 5995 Scherben mit
Merkmalen, die auf den Gefäßaufbau und/oder die
Verzierung schließen lassen.
Anschließend erfolgte die Ablochung der erfaßten

Daten auf EDV-Lochkarten und die Auswertung an
den Rechenzentren der Universitäten Würzburg und
Köln.
Dabei wurde besonderer Wert darauf gelegt, die
durchgeführten Rechnungen überschaubar und
nachprüfbar vorzustellen. Neben dem schon ge-
nannten Hauptziel, der Materialvorlage, die mit Hil-
fe des Computers m. W. erstmals in dieser Form
(nach Merkmalen und Merkmalstypen gegliedert
und mit absoluten und prozentualen Zahlenangaben
versehen) vorgestellt werden kann, war das andere
Hauptziel der Arbeit, einige Methoden und Mög-
lichkeiten der EDV-Auswertung klar und verständ-
lich zur Diskussion zu stellen.
Vorliegende Arbeit ist als Versuch gedacht, einem
meist ohne Fundzusammenhang zusammengetrage-
nen Material möglichst viele Erkenntnisse abzuge-
winnen, die aus diesem Material selbst erarbeitet
werden sollten, ohne die Ergebnisse von Arbeiten
aus anderen Gebieten auf unserem Raum zu übertra-
gen. Die Arbeit erhebt nicht den Anspruch, überre-
gionale und allgemeine Fragen zur bandkerami-
schen Kultur diskutieren und beantworten zu wol-
len.

FORSCHUNGSSTAND

Wie schon erwähnt, war es nicht Ziel dieser Arbeit,
auf den allgemeinen Forschungsstand der Bandke-
ramik näher einzugehen; hierzu sei auf die ausführli-
chen Kapitel zu diesem Thema in den Publikationen
der letzten Jahre hingewiesen10, die eine Wiederho-
lung des dort Ausgeführten nicht erforderlich er-
scheinen lassen.
Es soll hier lediglich angedeutet werden, mit welcher
„Voreinstellung" zur Bandkeramik der Verfasser an
die Materialaufnahme ging: In Randgebieten der
ackerbautreibenden Starcevo-Körös-Kultur (im
mittleren Donaugebiet) kommt es durch Adaption
einer anderen Bevölkerung, die auf der Stufe der
Jäger und Sammler stand, zur Herausbildung der
ältesten bandkeramischen Kultur11. Zusammen mit
dem Saatgut, das auf jeden Fall übernommen wor-
den sein muß, werden auch „technische" Neuerun-

gen wie Hausbau, Keramik- und Steingerätherstel-
lung sowie sicherlich auch gewisse religiös-kulturelle
Vorstellungen übernommen. In einer nächsten Pha-
se entwickeln sich in diesem Randgebiet strenge
Regeln; der Hausbau (Holzbauweise) und das Ge-
treide müssen dem Klima westlich und nördlich der
Donau angepaßt werden. Durch die verbesserte
Nahrungsbeschaffung kommt es bald zu einem Be-
völkerungsdruck, der große Teile der Bevölkerung
zur Emigration zwingt. Die Expansion erfolgt relativ
schnell in die nichtneolithischen Gebiete im Westen
und Norden; sie erfolgt entlang der Flußläufe und
dringt in die Gebiete mit Löß und gleichwertigen
Böden vor12.
In einer folgenden Phase kommt es durch die jetzt
unterschiedlichen Umweltbedingungen zur Heraus-
bildung von Siedlungskammern; der ursprünglich

8) Das nicht-keramische Material (Flintgeräte, Felsgestein-Dechsel, Mahlsteine, Rötel, Knochenmaterial usw.) liegt von
den einzelnen Siedlungsstellen in sehr unterschiedlicher, meist geringer Anzahl vor. Für die meisten dieser Fundgattun-
gen fehlt es zudem an geeigneten Aufnahmeverfahren, die es ermöglichen würden, größere Quantitäten schnell und
sicher zu erfassen.

9) Vgl. S.12 und Anm.21.

10) Vgl. besonders: W. Meier-Arendt 1966, 5ff. — H.-P. Kraft 1977, 5ff.

11) Vgl. besonders: H. Quitta 1960, 184ff. Anm. 134 und 135 (weiterführende Literatur).

12) Siehe hierzu: B. Sielmann 1972.

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