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Braun, Emil
Vorschule der Kunstmythologie — Gotha, 1854

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https://doi.org/10.11588/diglit.32080#0009
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1. Zur Erkenntniss cles wahren Gottes g-elangen wecler cler einzelne Mensch, noch ganze
Yölker mit einem Male. Denn selhst da7 wo Er sich clurch Offenharung kund giht7 hedarf es
zur Fassung Seiner Gnade und zur Würdigung Seiner Werke cler Zeit; clie auch das religiöse
Lehen zur Entwiekelung und zur Roifc hringen muss. Diejenigen selbständigen Geister7 welche
man häufig auch als starre bezeiehnen hört; pflegen ehensowolil wie die ihrem eigenen Strehen.
überlassenen Yölkerstämme der vorchristlichen oder mit dem Christenthum zerfallenen Zeit; clas
liöcliste; persönliche uncl frei waltende Wesen auf weiten Umwegen zu suchen. Indem sie sich
zunächst cler Schöpfung und niclit cTem allmächtigen Schöpfer Himmel’s und der Erclen zuwenden;
nehmen sie clic geheimnissvolle Lebensregung der Natur für den Geist; der cliese in’s Dasein ge-
rufen; und den Bildungstrieb; welchen Er aller Creatur eingepflanzt; für die Kraft; wclclie cliese
ganze Welt der Erscheinung hegründet hat. Diese aher ist auf Geheiss des Wort’s entstanden;
clas bei Gott war und welches eine Yermischung des Geschöpf’s mit clem Schöpfer undenkbar
maclit. Dem Glauben an das Wort Gottes zufolge; ist clie Pracht und Herrlichkeit des Weltall’s
nur ein schwacher Ahglanz Seines Wesen’s. Jenes ist weder Seine Wolmstätte; noch Sein Kleicl.
Hocli ilber den für sterhliche Augen endlosen Käumen thront Er im Himmel und kann maclien,
was Er will.

2. Um uns von Seinem freien; aber ewig geregelten Herrsehcrwalten, vermöge clessen Er
allgegenwärtig uncl cloch unnahhar ist; einen annähernden Begriff zu verschaffen; genügt ein Blick
auf das Bädcrwerk einer Uhr; welches cler erfahrene Werkmeister sinnvoll ausgedacht und weise
gezimmert; cler Wissenschaft uncl clem täglichen Gebrauch in gleiclier Weise dienstbar gemacht und
gleiclisam zum Yertreter clerjenigen Gesetze erlioben hat; welche den Sternenlauf und clie Bewe-
gung unseres Erdkörper’s beherrschen. So wie clieses wunderbare Zahngefüge; in dessen Innerem
sich clie Schleuder- und Schwerkraft ähnlich wie am Himmel einancler clic Wage lialten; einmal
in Gang gesetzt; sicli selbst iiberlassen bleibt und von clem Geist dessen ein lebendiges Zeugniss
ablegt; der es ausgeclacht und dargestellt liat; so steht auch der Weltenbau seit Jahrtausenden
in ähnliclier Weise von der Iland des Schöpfer’s gleichsam unberührt; wohl aber von Seinem
Auge überwacht; da; Sterne um Sterne rollend und stets von demselben Geist erfüllt und züsam-
mengehalten; cler es am ersten Tag herrlich prangencl ersclieinen liess.

3. Bevor das Menschengeschlecht aber zur Erkenntniss so einfacher Wahrheiten gelangt ist;
hat es eines Zeitraum’s langer Jahrhunderte uncl scliwerer Geisteskämpfe bedurft. Ganzc Yölker
sind trotz hoher Begabung untergegangen, bevor sie zu einer Ueberzeugung gelangt sind; bei der
sich die grössten Geister beruhigt haben; und clie heutzutage zum Gemeingut aller Gebilclcten,
die nicht der Zweifel auf’s Neue umstrickt hat; geworden ist. Dic Yölker dcr altenWelt wurden
von clen Mächten und Gewalten; die in clen verborgencn Werkstätten dcr Natur thätig sind; so
mächtig angezogen und gefesselt; class selbst die grössten Weisen; welche unter ihnen erstanden

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