Capitel I.
Ein Trierer Sacramentar vom Ende des 10. Jahrhunderts.
(Univers.-Bibl. in Freiburg i. B. Ms, 360a.)
Die Sacramentarien des frühen Mittelalters haben äusser ihrer
grossen Bedeutung für die Geschichte der mittelalterlichen Liturgie, für
Paläographie und politische Geschichte, auch einen ausserordentlich hohen
kunsthistorischen Wert. Leopold Delisle, der unbestritten erste Kenner
der ma. Paläographie, hat in seiner bahnbrechenden Arbeit über die „alten
Sacramentarien des 7. bis 11. Jahrhunderts" ') eine systematische Be-
schreibung (nebst Angabe der einschlägigen Litteratur) von 127 ihm
meist aus Autopsie bekannten Sacramentarien gegeben. Auf Grund dieser
Publikation hat dann Springer in seiner Abhandlung: „Der Bilderschmuck
in den Sacramentarien des frühen Mittelalters" 2) diese Klasse von Hand-
schriften auf ihren kunsthistorischen Wert untersucht und ihnen ihre
gebührende Stelle unter den mittelalterlichen Ritualbüchern angewiesen.
Das [ebenfalls von Springer für die Handschriftenklasse der Psalterien
bereits früher3) gefundene] Grundgesetz mittelalterlicher Buchmalerei,
wonach Manuskripte desselben oder verwandten Inhalts sowohl in ikono-
graphischer Hinsicht — also in ihren Darstellungstypen —, als auch
in ornamentaler und kalligraphischer Beziehung im Grossen und Ganzen
nach einem einheitlichen Prinzipe angefertigt worden sind — natürlich
unbeschadet der speziellen charakteristischen Schuleigentümlichkeiten —
gilt auch für die Sacramentarien. War dieser neue Nachweis schon an
und für sich von kunsthistorischer Bedeutung, indem dies oben erwähnte
9 „Memoire sur d'anciens sacramentaires" in: Memoirs de l'institut
national de France: Academie des Inscriptions et Belles-Lettres. T. 32.
Paris 1886. Vgl. dazu Portheim in Lützows Kunstchronik XXII 1887. No. 43.
S. 689 ff.
2) Abhandlungen d. philos.-hist. Klasse d. Kgl. Sachs. Ges. d. Wiss,
XI. S. 339 ff.
3) Abhandlungen d. philos.-hist. Klasse d. Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss.
VIII. S. 189 ff.
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Ein Trierer Sacramentar vom Ende des 10. Jahrhunderts.
(Univers.-Bibl. in Freiburg i. B. Ms, 360a.)
Die Sacramentarien des frühen Mittelalters haben äusser ihrer
grossen Bedeutung für die Geschichte der mittelalterlichen Liturgie, für
Paläographie und politische Geschichte, auch einen ausserordentlich hohen
kunsthistorischen Wert. Leopold Delisle, der unbestritten erste Kenner
der ma. Paläographie, hat in seiner bahnbrechenden Arbeit über die „alten
Sacramentarien des 7. bis 11. Jahrhunderts" ') eine systematische Be-
schreibung (nebst Angabe der einschlägigen Litteratur) von 127 ihm
meist aus Autopsie bekannten Sacramentarien gegeben. Auf Grund dieser
Publikation hat dann Springer in seiner Abhandlung: „Der Bilderschmuck
in den Sacramentarien des frühen Mittelalters" 2) diese Klasse von Hand-
schriften auf ihren kunsthistorischen Wert untersucht und ihnen ihre
gebührende Stelle unter den mittelalterlichen Ritualbüchern angewiesen.
Das [ebenfalls von Springer für die Handschriftenklasse der Psalterien
bereits früher3) gefundene] Grundgesetz mittelalterlicher Buchmalerei,
wonach Manuskripte desselben oder verwandten Inhalts sowohl in ikono-
graphischer Hinsicht — also in ihren Darstellungstypen —, als auch
in ornamentaler und kalligraphischer Beziehung im Grossen und Ganzen
nach einem einheitlichen Prinzipe angefertigt worden sind — natürlich
unbeschadet der speziellen charakteristischen Schuleigentümlichkeiten —
gilt auch für die Sacramentarien. War dieser neue Nachweis schon an
und für sich von kunsthistorischer Bedeutung, indem dies oben erwähnte
9 „Memoire sur d'anciens sacramentaires" in: Memoirs de l'institut
national de France: Academie des Inscriptions et Belles-Lettres. T. 32.
Paris 1886. Vgl. dazu Portheim in Lützows Kunstchronik XXII 1887. No. 43.
S. 689 ff.
2) Abhandlungen d. philos.-hist. Klasse d. Kgl. Sachs. Ges. d. Wiss,
XI. S. 339 ff.
3) Abhandlungen d. philos.-hist. Klasse d. Kgl. Sächs. Ges. d. Wiss.
VIII. S. 189 ff.
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