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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0399
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VIERTES KAPITEL. FORM. I. MIT STÄXDER: GOTIK 377

quaedam custodia ad modum crucis ex argento deaurato... quae servit ad de-
ferendum corpus Christi. (26)

Erhalten hat sich eine Monstranz mit Schaugefäß in Form eines Kreuzes aus der Zeit
von etwa i5oo zu Kruschwitz im Posenschen (27) (Bild 262). Ihr Ständer hat einen von
zehn kielbogigen Pässen, vier größeren und sechs kleineren, gebildeten doppelstufigen
Fuß, einen mit freistehenden Säulchen an den Kanten besetzten Schaft und einen kapellen-
förmigen Nodus. Die Balken des auf ihm sitzenden Kreuzes enden in Quadraten, die mit
einer aufgelegten Rosette verziert sind. Die beiden unteren Winkel zwischen den Balken
«nd mit Rankenwerk gefüllt, das von dem vertikalen Balken ausgehend, sieh wie eine Stütze
zu dem Querbalken aufschwingt. Auf dem Quadrat, mit dem der Vertikalbalken oben endet,
sitzt ein Baldachin, von dem aus eine schlanke mit durchbrochenem Helm schließende
Laube mit einer Statuette Christi aufsteigt. Zwei andere, gleichfalls hoch aufwachsende,
jedoch einfachere Lauben erheben sich über den Quadraten, mit denen die Arme enden.
Ihr Helm wird von spiralförmig verlaufenden Drähten gebildet, eine Eigentümlichkeit,
die uns bei manchen der im Osten geschaffenen Monstranzen begegnet. Sie überdachen eine
auf schlanken Säulchen stehende Engelfigur. Der Behälter für das heiligste Sakrament be-
findet sich in dem Schnittpunkt der Arme. Er besteht in einer runden Kapsel und ist an der
Vorderseite um den Glas Verschluß herum mit einem aufgelegten Kranz von Blattwerk ver-
ziert. Eine andere einfachere Monstranz aus spätgotischer Zeit, die die Form eines Kreuzes
zeigt, befindet sich zu Modriach in Steiermark, (28) doch scheint die heutige Rundkapsel
im Schnittpunkt der Balken aus jüngerer Zeit zu stammen. Ein Kreuz zu Rapperswyl mit
runder Kapsel Jn der Mitte, die vorn mit Glas verschlossen ist, eine Schöpfung des späten
iä. Jahrhunderts, war wohl an sich nicht eine Monstranz, sondern ein Behälter für eine
Kreuzpartikel. Die auf dem Vierpaß, mit dem der Vertikalbalkcn unten abschließt, stehen-
den Figuren der Schmerzensmutter und des heiligen Johannes Ev. weisen darauf hin. (29)
Sie mag aber gelegentlich auch als Monstranz gebraucht worden sein. Urkundlich durch
den Stiftungsbrief ist als solche beglaubigt eine Monstranz in Kreuzform zu Löf an der
Mosel von 1427. Sie ist bekrönt von einem Pelikan; auf dem sechsseitigen, mit Blattorna-
nient verzierten Fuß sind die Namen der Stifter und das Jahr ihrer Entstehung angebracht.
Der den Behälter heute umgebende Strahlenkranz ist spätere Zutat (Tafel i.'i3).

Daß Monstranzen von der Form der beiden erstgenannten nicht zum Typus
wurden, ja nicht einmal werden konnten, ist leicht begreiflich. Auffallend muß
aber angesichts der zahlreichen Reliquienkreuze, die das späte Mittelalter her-
vorbrachte, genannt werden, daß auch solche in Kreuzesform nur vereinzelte
Erscheinungen blieben und daß insbesondere Monstranzen von der Art der
Kruschwitzer und Löfer nicht öfter entstanden. Indessen mochte der Grund
dafür wohl das gesunde Empfinden sein, daß als Behälter zur Aussetzung des
Allerheiligsten doch nur ein nicht an sich schon einen bestimmten religiösen
Charakter tragendes Gerät wie das Kreuz geeignet sei und daß das Allerheiligste
in einem Kreuze ausgesetzt nur zu leicht als Vertreter einer Darstellung des
Gekreuzigten erscheinen könne.

Sonderformen der Monstranz sind auch die Ziborium-Monstranzen, eine Ver-
bindung von Ziborium und Monstranz. Sie konnte auf zweifachem Wege erfol-
gen. Erstens indem man zwischen Kuppa und Deckel des Ziboriums behufs
Aussetzung des Allerheiligsten ein Schaugefäß zur Aufnahme desselben ein-

(26) Revue des Soc. sav. 6e ser. V, 295. (27) Kd. von Posen IV, 42.

(28) Grazer Kirchenschmuck XV (1884) 94. (29) Abb. in Mitt. der antiquar. Gesell-
schaft in Zürich XIV, Heft 2, Tfl, I. Betreffs der Monstranz zu Löf vergleiche auch aus'm
Weekth III, 65 nebst Abb.
 
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