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Braun, Joseph
Das christliche Altargerät in seinem Sein und in seiner Entwicklung — München, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2142#0400

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378 VASA SACRA. DRITTER ABSCHNITT. DIE MONSTRANZ

schob. Der Deckel des Ziboriums bildete in diesem Falle den das Schaugefäß
bekrönenden Aufsatz. Ein Beispiel einer Ziborium-Monstranz dieser Art be-
findet sich im Schnütgenmuseum zu Köln. Ohne Schaugefäß, das ist als bloßes
Ziborium, 44.3 cm hoch, hat sie nach Einschaltung desselben eine Höhe von
57 cm. Deckel und Boden des laternenartigen Schaugefäßes werden abwech-
selnd durch Streben und Säulchen verbunden. Das der ersten Hälfte des i5. Jahr-
hunderts entstammende Gerät ist das einzige seiner Art, das sich erhalten hat
(Tafel 54).

Zweitens konnte man das Ziborium in der Weise auch zu einer Monstranz
machen, daß man auf dem Scheitel seiner Kuppa einen Behälter für die zur
Aussetzung anzusetzende Hostie in Form einer Rundkapsel anbrachte. Gotische
oder doch noch gotisierende Ziborium-Monstranzen dieser Art haben sich nur
aus Spanien erhalten.

Ein lehrreiches Beispiel, bei dem im Ornament schon die Renaissance Eingang gefunden
hat, befindet sich heute in englischem Privatbesitz {Tafel 64)- Es besteht in einem sechs-
seitigen Ziborium mit niedrigem, pyramidalen Deckel, der auf dem Scheitel eine oben und
unten in eine Spitze auslaufende, scheibenartige Rundkapsel trägt, die vorn und hinten
mit Glas abgeschlossen erscheint, ringsum mit Krabben verziert ist und als Bekrönung ein
Kreuzchen mit einem Kruzifixus zeigt, den Rehälter für die zur Verehrung auszusetzende
Hostie. Ein reicheres und zugleich älteres bietet die aus dem frühen 15. Jahrhundert
stammende rein gotische Ziborium-Monstranz zu Tronchon (Tafelöß)- Die gleichfalls von
Blattern umrahmte, mit einem Kreuzchen abschließende Kapsel für das All er heiligste sitzt
bei diesem nicht unmittelbar auf dem Deckel des sechsseitigen Ziboriums, sondern auf
der Spitze eines kleinen sechsseitigen Tcmpelcheiis. das sich zunächst auf demselben erhebt
und gleichsam den Fuß der Kapsel bildet., An den Seiten des Ziboriums sind unter rundbo-
gigen mit Zackenkamm versehenen Arkaden in durchsichtigem Schmelz die Geburt Christi,
die Kreuzigung, die Abnahme vom Kreuze, die Gregoriusmesse und die Heiligen Stephanus
und Ursula dargestellt. Ein weiteres noch ganz gotisches Beispiel einer Ziborium-Monstranz
findet sich im Bischöflichen Museum zu Vieh. Der das Ziborium darstellende "Behälter be-
steht hier in einem rechteckigen, mit sattelförmigem, abgewalmtem Deckel versehenen
Kästchen. Ein oberes Schaftstück fehlt über dem Nodus des Ständers. Zwei von dem Nodus
aufsteigende Arme, auf denen auch die das Ziborium beiderseits begleitenden Engel stehen,
tragen das Ziborium. Eine andere Ziborium-Monstranz, mit rechteckigem Kästchen als
Ziborium, findet sich zu Pierola y Hostalets in Katalonien. Während jedoch die Kapsel für
die zu exponierende Hostie bei den drei vorgenannten der gleichen Zeit wie das Ziborium'
angehört, stammt sie bei ihm erst aus nachmittelalterlicher Zeit, doch mag die heutige nach
Art der Sonnenmonstranzen von Strahlen eingefaßte Kapsel an Stelle einer älteren getreten
sein. Schon ganz in Renaissanceformen gekleidet sind zwei Ziborium-Monstranzen aus dem
16. Jahrhundert in der Sammlung Lazaro zu Madrid (Tafel 63). (30) Alle genannten Zibo-
rium-Monstranzen weisen wie die spanischen Ziborien, von denen früher die Rede war, (31)
neben dem zur Aufnahme der zur Kommunion bestimmten Hostien dienenden Behälter
Engelfiguren auf.

Abgebildet ist eine Ziborium-Monstranz des zweiten Typus auf einer Minia-
tur, die sich in einer Handschrift aus dem späten i5. Jahrhundert in der Pa-
riser Nationalbibliothek befindet, einer Darstellung der Aussetzung des Alier-
heiligsten. Der Behälter der Hostie besteht auf ihr in einer auf kurzem Schaft
sitzenden runden Kapsel, die von einem Kelch oder wohl richtiger von einem

(30) La colecciöu Lazaro de Madrid (Madrid 1926) I, n.239; II, n.825.

(31) Vgl. oben S. 313. V '
 
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