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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 1): Bewegungsapparat — Berlin, Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.15149#0680
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Allgemeines über den definitiven Schädel.

669

M. geniohyoideus kennen gelernt. Er wird überdeckt von der Trigeminusmuskulatur
des Mandibularbogens, in deren Bereich er vorgedrungen ist (M. mylohyoideus,
Tabelle S. 742, Nr. i).

Die epibranchiale Gruppe geht, soweit sie wirklich an Kiemenbogen von
Fischen Anheftüng gefunden hat, ganz zugrunde. Der Mensch hat nichts davon.
Dagegen geht aus den Ursegmenten des Rumpfes, die den Interkostalmuskeln der
Brust entsprechende Gruppe der Skaleni und eine besondere subvertebrale Gruppe
hervor (Tabelle S. 150, Kr. 12—14 und Kr. 20—22).

2. Zusammensetzung des definitiven Schädels.

a) Die einzelnen Abteile des Schädels.

Das Primordialkranium, welches bereits durch den Wirbelschädel (Neo- v£nlbaufer"
kranium) auf Kosten der Wirbelsäule vergrößert ist, geht bei der Umgestaltung bezogene
in den definitiven Schädel weitere progrediente, aber noch stärkere regressive elc teile
Veränderungen ein. Der Schädel im ganzen wächst, weil das Gehirn eine immer
größere Kapazität erfordert und beim Menschen den meisten Kaum einnimmt.
Aber das Primordialkranium und seine Abkömmlinge (Ersatzknochen) decken
den Raumbedarf an den meisten Stellen nicht selbst, vielmehr treten Knochen-
elemente der Haut als neue Bestandteile in den Schädel ein (Deck- oder Mantel-
knochen). Wie diese mit den alten Elementen zusammen den jetzigen Schädel
formen, ist für die wichtigsten Abteile zu verfolgen, weil nicht nur die Schädel-
form selbst, sondern auch zahlreiche Einschlüsse des Schädels daraus verständ-
lieh werden. Indem er seine Abmessungen vergrößert und ursprünglich außer-
halb von ihm gelegene Skelettstücke in sich aufnimmt, werden ihm zahlreiche
Weichteile einverleibt, welche ursprünglich an seiner Oberfläche oder sogar
ziemlich entfernt von ihm lagen. So sind viele Gefäße und Nerven mit ihren
Verästlungen, selbst Muskeln des Gehörapparates in den Knochen eingeschlossen
und zwar so, daß sie ihn nicht einfach durchbohren, sondern daß sie auf längere
Strecken in ihn eingebacken sind. Der Knochen ist wie eine Lava um die
benachbarten Weichteile herumgeflossen; sie als die lebenswichtigeren Organe'
haben dabei ihren Platz behauptet. Daher enthalten die Schädelknochen zahl-
reiche komplizierte Kanäle und Löcher, welche die beschreibende Osteologie
mit besonderen Kamen belegt und systematisch aufzählt. Die Einschlüsse
dieser Lücken und Poren sind meistens sehr einfach aus dem Zusammenhang
des Systems zu verstehen, zu dem sie gehören ; der Knochen ist nichts anderes
als die Matrize davon. Wir werden deshalb später bei den Gefäß- und Nerven-
bahnen und bei den Sinnesorganen ohne weiteres viele von diesen Knochen-
einzelheiten ableiten können, die zu erklären hier viel zu weit führen würde.
Sie haben mit dem Bewegungsapparat insofern etwas zu tun, als eine Ver-
größerung des Schädels nur möglich war, indem die jetzigen Einschlüsse in die
Schädelwand eintraten, soweit sie nicht ausweichen konnten. Das Prinzipielle
der Vorgänge wird aus den folgenden Beispielen hervorgehen.

Ein wirklich progredientes Auswachsen des Primordialkranium selbst ist Dre* stock-
an der Nasenkapsel der Säuger festgestellt worden (Abb. 325). Sie wächst hirnkapsei,
beim Menschen nach vorn als äußere Nase des Gesichts, schiebt sich aber außer- ^undn&hie
dem bei allen Säugetieren nach hinten unter die Augenhöhlen. Bei Reptilien
wird z.B. der Schädel zwischen den tief in das Primordialkranium eingebetteten
und so geschützt liegenden Augäpfeln zu einer kielförmig vorspringenden Platte
zusammengeplattet (Septum interorbitale, Abb. 324). Die Nasenkapsel der
Säuger dringt auch in diese Gegend vor und ein Teil der medianen Nasenscheide-
Avand ist nichts anderes als ein Stück der ursprünglichen Schädelbasis. So
kommt die innere Nase, die ursprünglich in der gleichen Flucht mit den Augen
- horizontal vor ihnen — liegt (Abb. 323), in ein ganz anderes Niveau zu liegen
 
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