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Kunsthalle Bremen [Mitarb.]; Ausstellung Zwölf Jahre Wiederaufbau <1957 - 1958, Bremen> [Mitarb.]
Von Dürer bis Picasso - Meistergraphik: zweiter Teil der Ausstellung Zwölf Jahre Wiederaufbau : Kunsthalle Bremen 8. Juni bis 3. August 1958 — Bremen: Kunsthalle Bremen, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.56270#0010
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oder für lange — unerreichbaren „Wiedergutmachung" neue Schwerpunkte,
neue Stärken zu schaffen, die nun z. T. gleichzeitig mit der Bilder= oder
Skulpturensammlung entstanden sind: Beckmann, Picasso oder Maillol.
Beckmann, dessen Radierungen, Holzschnitte und Lithographien bis vor
kurzem noch „billig" waren, sammeln wir „auf Vollständigkeit", wie das
früher für die Kupferstichkabinette bei bedeutenden Meistern der Graphik
ganz allgemein und selbstverständlich üblich war. Heute können wir uns
nur hier und da eine solche starke Betonung eines einzelnen Künstlers
leisten. Im Falle Beckmann glauben wir einem der Großen unseres Jahr-
hunderts die angemessene Vertretung in unserem Hause schuldig zu sein.
Ähnlich liegt es bei Picasso, wenn es hier auch nicht möglich sein wird,
die zahlreiche und hochgeschätzte Druckgraphik je zu komplettieren.
Seit dem ausgehenden neunzehnten Jahrhundert haben Lithographie,
Radierung und gewisse graphische Mischtechniken, und in jüngster Zeit
auch der Seidensiebdruck, im künstlerischen Haushalt der Zeit fort*
schreitend an künstlerischer und geistiger Bedeutung gewonnen — schwarz*
weiß und farbig. Die Druckgraphik hat von Gauguin, Bonnard, Vuillard
und Munch an, dann bei den Künstlern der „Fauves", der „Brücke", des
„Blauen Reiters" und des Kubismus bis in unsere gegenwärtige Produk*
tion des Ungegenständlichen und Gegenständlichen immer größeres Ge-
wicht neben der Ölmalerei und dem Aquarell erlangt. Sie steht längst —
oft auch im Format — ebenbürtig neben diesen anderen Techniken als
unmittelbares und selbständiges künstlerisches Ausdrucksmittel, wie vorher
nur zur Dürerzeit. Eine Reihe von künstlerischen Entdeckungen in Form
und Ausdruck, die für unsere Kunstepoche entscheidend geworden sind,
haben sich nicht auf der Leinwand sondern auf der Druckplatte und dem
Papierblatt abgespielt. So ist es kein Zufall, daß wir beim Sammeln —
in diesem wahren Quellwerk der gesamten Moderne mit jenen „Nabis"
des Bonnardkreises beginnend — auf die Graphik um 1900 besonderen
Wert gelegt haben. Wie im Falle Beckmann und Picasso haben wir hier
inzwischen einen relativen Reichtum erlangen können, der uns jedenfalls
in einigen Bereichen wieder an die Spitze der deutschen Sammlungen
gerückt hat. Das gilt nicht zuletzt auch für das mit Originalgraphik illu-
strierte Buch, das in unserem Hause von der Inkunabelzeit bis ins neun-
zehnte Jahrhundert hinein in reichen und schönen Beispielen vorhanden
war und auch den Krieg ohne Verlust überstanden hat. Hier ist systema-
tisch hinzugesammelt worden — mit dem Ergebnis, daß wir die Stilent*
Wicklung auf diesem Gebiet in wirklich hervorragenden Beispielen bis in
die Gegenwart aus eigenem Besitz aufweisen können. (Slevogt, Corinth,
Beckmann, Kokoschka, Mareks, Maillol, Despiau, Matisse, Leger, Picasso,
Rouault, Chagall, Miro). Hier handelt es sich wirklich um einen Höhe*
punkt der modernen Graphik überhaupt.

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