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Kunsthalle Bremen [Mitarb.]; Ausstellung Zwölf Jahre Wiederaufbau <1957 - 1958, Bremen> [Mitarb.]
Von Dürer bis Picasso - Meistergraphik: zweiter Teil der Ausstellung Zwölf Jahre Wiederaufbau : Kunsthalle Bremen 8. Juni bis 3. August 1958 — Bremen: Kunsthalle Bremen, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.56270#0009
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DAS KUPFERSTICHKABINETT DER KUNSTHALLE

umfaßt eine große Zahl druckgraphischer Werke aus allen europäischen
Kunstepochen von der ausgehenden Gotik bis zur Gegenwart und aus
allen großen europäischen Kunstnationen — mit besonderem Gewicht auf
den spezifischen „Graphikationen", die zu wechselnden Zeiten in diesem
Bereich künstlerischer Produktion den Vorrang vor den übrigen Nachbar-
Völkern besessen haben: Deutsche, Niederländer, Italiener und Franzosen.
Hinzu tritt eine nach Zahl und Qualität gleich hervorragende Sammlung
von japanischen Farbholzschnitten. Während nun diese die vergangenen
Kriegsjahre ungemindert überstanden hat, sind in den europäischen Ge-
bieten durch die verschiedenen, grausamen Zufälle von Kriegsauslagerung
und Plünderung und durch die nicht minder zufällige „Auswahl" von
Seiten der ebenso willkürlichen wie ungebildeten Beschlagnahmekom-
mission der „Entarteten Kunst" kreuz und quer über Stilrichtungen und
Nationen hinweg Lücken und Wunden gerissen, die unbedingt wieder zu
schließen sind, soweit dies überhaupt möglich ist! Damit war die Ankaufs^
Politik für die vergangenen dreizehn Jahre scheinbar eindeutig bestimmt.
Gewisse modische Schwankungen und Preissteigerungen auf dem deute
sehen und internationalen Graphikmarkt haben uns jedoch bald veranlaßt,
von einem systematischen Wiedererwerb des Verlorenen abzugehen. Es
stellte sich sehr schnell heraus, daß es unsere Mittel weit überschritten
hätte, etwa mit den verlorenen Hauptblättern von Schongauer oder Dürer,
von Mantegna oder Rembrandt, von Goya oder Degas zu beginnen, um
nur ein paar Beispiele zu nennen. Die berühmte Lautrec=Sammlung —
ehemals vollständiger und qualitätvoller als die der Bibliotheque Nationale
in Paris — mußte einstweilen als trauriger Trümmerhaufen liegen bleiben.
Inzwischen hat hier — wie an anderem Ort — bei rückläufigen Preisen
einiges nachgeholt werden können. Andere Gebiete — z. B. Kirchner oder
Klee — sind noch heute ganz unzureichend vertreten. Tiepolo ist in den
beiden letzten Jahren ein gut Teil vorangekommen. Etliches konnte fast
oder ganz wieder ausgeglichen werden: so etwa Delacroix, Daumier oder
Corinth. Hier erklärte sich oftmals eine gewisse Priorität aus dem ver-
stündlichen Bedürfnis, eindeutigen Stärken in der Gemäldegalerie ent-
sprechende Akzente im Kupferstichkabinett wieder an die Seite zu stellen.
Dies ist ein Prinzip, das unser Sammeln seit je sehr wesentlich mitbestimmt
hat (so in früheren Jahren bei Dürer oder Slevogt, bei Menzel oder Rodin).
Vor allem aber mußte uns daran liegen, an Stelle mancher — einstweilen

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