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Brinckmann, Justus; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg; Weimar, Wilhelm [Editor]; Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg [Editor]
Beschreibung der europäischen Fayencen: mit geschichtlichen Einleitungen — Hamburg: Museum für Kunst und Gewerbe, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.53038#0062
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50

Hamburgisches Museum für Kunst und GeWerbe.

Im siebenten

Zimmer. „
(Zweites der
Südseite.)


Fayence-Teller, blau und roth bemalt.
Rouen, ca. 1725. Durchm. 25 em.


eine quadrillirte Zeichnung vor-
herrscht oder mit symmetrischen,
weiss in farbigem Grunde aus-
gesparten Blättern und Banken
belebt. Wo dieses System folge-
richtig durchgeführt wurde, wa-
ren Verzierungen sein Ergebniss,
welche durch ihre rein orna-
mentalen Reize weit besser sich
für die Schmückung von Ge-
brauchsgeschirren eignen, als
die auf den italienischen Majo-
lica-Geschirren vorherrschenden
figürlichen Bilder und die Chi-
noiserien der Delfter. Der Keim
des Todes, welchen die Orna-
mentik der Rouener Fayencen
in sich trug, beruhte in der
ausschliesslichen Anwendung

fertiger, rein conventioneller Motive, denen kein frisches Leben durch die
Ableitung neuer Motive aus Naturformen zugeführt wurde.
Wesentlich zu Statten kam dem Aufschwung der Rouener Fayence-
Industrie jenes Edict des Jahres 1709, in welchem unter Bestätigung zweier
älterer Edicte Ludwig XIV. alle Adeligen zur Ablieferung ihrer Silber-
geschirre in die Münze verpflichtete. St. Simon erzählt, dass in Folge
hiervon alle Welt sich binnen weniger Tage mit Fayence-Geschirren
versah, der König Allen voran. Bald nachher, im zweiten Jahrzehnt
des Jahrhunderts, begann die Glanzzeit des von den Franzosen „style
rayonnant“ genannten Ornamentstiles der Rouener Töpfer. Sie hielt an
bis etwa zum Jahre 1740, wo das in den plastischen Arbeiten schon lange
mächtige Rococo im Bunde mit chinesischen Motiven die ruhigen, bei
aller Zierlichkeit majestätischen Behang- und Strahlenmuster, in welchen
der Stil Ludwig XIV. auf den Fayencen weiter lebte, zu verdrängen
begann.
Zu den herrlichsten Erzeugnissen dieser Blüthezeit gehören grosse,
über 50 cm messende Schüsseln, welche weniger für den täglichen Gebrauch,
als zur Ausstattung der Schautische bestimmt waren. Was die Rouener
Maler damals auf solchen Schüsseln, Tellern und Schalen an Ornamenten
geschaffen haben, übertrifft an Mannigfaltigkeit, an rhythmischem Reiz,
gefälliger Vertheilung und Gruppirung der Zierformen, und, soweit dem
Blau andere Farben hinzutreten, auch an geschmackvoller Farbengebung
Alles, was andere Fayencen-Fabriken jener Zeit in gleicher Richtung
geleistet haben. Für ihre schönsten Erzeugnisse gelten gewisse Schüsseln,
welche auf einem Grunde von warmem Ockergelb mit schwarzen —
eigentlich tief dunkelblauen — Arabesken verziert sind. Die blauen
Amoretten in den Mittelstücken solcher „pieces exceptionelles“ lassen aber
eine kunstgeübte Hand ebenso vermissen, wie dies fast alle figürlichen
Malereien thun, welche die Rouener Maler ab und an mit ihren vor-
wiegend ornamentalen Verzierungen verbanden. Nur ausnahmsweise, bei
grossen Paradestücken, wie an den Piedestalen der im Museum zu Rouen
 
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