181
kann, und das Feld fast noch ganz dem Schnitzkünstler
mit seinen nicht sehr feinen Renaissance- und Barock-
motiven und dem Schreiner mit seinen Triglyphen und
Konsolenfriesen, seinen gebrochenen Giebelchen und
Arkaden überlassen muss, so darf es berechtigt er-
scheinen, die Hitschersche Stube nur als den Vorläufer
der eigentlichen Vierländer Stube zu bezeichnen, der des
18. und 19. Jahrhunderts, bei der fast ausschliesslich
der ländliche Intarsiakünstler den Schmuck der Wände
und Thüren herstellt.
Als der Vierländer im Besitze „seiner“ Kunst war,
da schwelgte er in ihrer Anwendung; ein naives Kunst-
bedürfnis, das sich fast auf jeden Gegenstand des täg-
lichen Lebens erstreckte, entwickelte sich bei ihm, wie
es weder dem Städter jener Zeit eigen war, noch dem
von heute. Der Nähkasten und Stickrahmen der Frau,
der Tabakskasten des Mannes, die Wiege des Kindes,
der Fussschemel, die hohe Wanduhr, Tische und Stühle
— alles bekommt seinen individuellen Schmuck. Ein
charakteristisches Beispiel: Wenn das Kind in die
Schule geschickt wurde, erhielt es Lineal und Schreib-
kasten (Blacklade), mit seinem Namen und sonstigen
Intarsien verziert. Der Schmuck ist oft mit Bezüglich-
keit gewählt, wie z. B. für den kleinen Schiffersohn
Heinrich Timmann aus Neuengamme ein als „die Liebe“
bezeichnetes, flott segelndes Schiff.
Eine besondere Beachtung werden wir, wie draussen
auf der Diele den Truhen, in den Zimmern den Stühlen
schenken. In keiner Aussteuer fehlen die Brautstühle,
zwei Holzsessel mit Weidengeflecht von ungleicher
Grösse, der für den Mann etwas höher in Sitz und
Lehne. Ursprünglich waren diese Stühle, ebenso wie
die Truhen, mit Schnitzwerk verziert. Der älteste er-
haltene ist von 1695. Diese geschnitzten Stühle, mit
den gleichen Ornamenten wie die frühen Truhen, zu
denen dann wohl der Lübecker Doppeladler oder roh
geschnitzte biblische Darstellungen kommen, haben mit
wenigen Ausnahmen nur historisches Interesse, während
die Intarsiakunst, die etwa von 1780 an auch auf die-
kann, und das Feld fast noch ganz dem Schnitzkünstler
mit seinen nicht sehr feinen Renaissance- und Barock-
motiven und dem Schreiner mit seinen Triglyphen und
Konsolenfriesen, seinen gebrochenen Giebelchen und
Arkaden überlassen muss, so darf es berechtigt er-
scheinen, die Hitschersche Stube nur als den Vorläufer
der eigentlichen Vierländer Stube zu bezeichnen, der des
18. und 19. Jahrhunderts, bei der fast ausschliesslich
der ländliche Intarsiakünstler den Schmuck der Wände
und Thüren herstellt.
Als der Vierländer im Besitze „seiner“ Kunst war,
da schwelgte er in ihrer Anwendung; ein naives Kunst-
bedürfnis, das sich fast auf jeden Gegenstand des täg-
lichen Lebens erstreckte, entwickelte sich bei ihm, wie
es weder dem Städter jener Zeit eigen war, noch dem
von heute. Der Nähkasten und Stickrahmen der Frau,
der Tabakskasten des Mannes, die Wiege des Kindes,
der Fussschemel, die hohe Wanduhr, Tische und Stühle
— alles bekommt seinen individuellen Schmuck. Ein
charakteristisches Beispiel: Wenn das Kind in die
Schule geschickt wurde, erhielt es Lineal und Schreib-
kasten (Blacklade), mit seinem Namen und sonstigen
Intarsien verziert. Der Schmuck ist oft mit Bezüglich-
keit gewählt, wie z. B. für den kleinen Schiffersohn
Heinrich Timmann aus Neuengamme ein als „die Liebe“
bezeichnetes, flott segelndes Schiff.
Eine besondere Beachtung werden wir, wie draussen
auf der Diele den Truhen, in den Zimmern den Stühlen
schenken. In keiner Aussteuer fehlen die Brautstühle,
zwei Holzsessel mit Weidengeflecht von ungleicher
Grösse, der für den Mann etwas höher in Sitz und
Lehne. Ursprünglich waren diese Stühle, ebenso wie
die Truhen, mit Schnitzwerk verziert. Der älteste er-
haltene ist von 1695. Diese geschnitzten Stühle, mit
den gleichen Ornamenten wie die frühen Truhen, zu
denen dann wohl der Lübecker Doppeladler oder roh
geschnitzte biblische Darstellungen kommen, haben mit
wenigen Ausnahmen nur historisches Interesse, während
die Intarsiakunst, die etwa von 1780 an auch auf die-