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II. Die Kirchenmalereien. 3. Auffassung der Malereien.

Mariä erfüllen und sich oherlialb der grossen Brustbilder beider am
Templon in der Reihe kleiner Tafelbilder wiederholen.

B. Cliristus- und Marieiiscenen.

Jede byzantinische Ivirche bietet Gelegenheit, die gefeiertsten Be-
gehenheiten aus dem Leben Christi und Mariä, von der Verkündigung
Mariä und der Geburt Christi bis zum Pfmgstfeste und dem Entschlafen
Mariä, manchmal selhst bis zur Wiederkunft Christi heirn Jiingsten Ge-
richte, nach und nach vor den Augen vortiberziehen zu lassen. 1

1. Yerkündigung.

Beim Eintritte in die Kirche erblickt man gewöhnlich vor sich, so-
hald der Blick sich ein wenig erheht, die Verkündigung Mariä (suayys\ic-
;j.dcj, dargestellt in den beiden Figuren des Erzengels Gabriel und der
Jungfrau. 2 Diese sind im Freskenschmucke nicht, wie die Figuren aller
anderen Festtagsbilder, zu einem Bilde räumlich zusammengefasst, sondern
über dem östlichen Säulenpaare einzeln angebracht, und doch wird nie-
mand ihre Zusammengehörigkeit verkennen.

Die Kirche feiert das Fest der Verkündigung am 25. März und be-
singt an diesem Tage das Wunderbare des staunenerregenden Vorgangs,
ohne auf Aeusserlichkeiten einzugelien. Deshalb steht es dem Maler frei,
sich die Jungfrau sitzend (Handbuch, Pawlu Georgskapelle, Lawra Kloster-
Idrche) oder stehend (Watopädi 3, Lawra Nikolauskapelle) zu denken, sie
herkömmlicherweise eine Spindel mit rother Seide halten zu lassen (IJand-
buch, Lawra Nikolauskapelle und Klosterkirche) oder nicht (Pawlu
Georgskapelle), ihr vielleicht eine Rose in die Hand zu geben (Watopädi),
oder eine Vase mit Nelken neben ihr, und eine Vase mit anderen Blumen
neben dem Engel aufzustellen (Lawra Nikolauskapelle). Der täglich in
der Kirclie wiederholte Gruss des Engels: „Sei gegrüsst, Du Gnadenvolle
(Naips Ksx.apt.xwgs'vT]) “, besonders häufig an diesem Tage ertönend 4, an
dem der Engel ihn zuerst darbrachte, ist dem Bilde wol regelmässig
beigeschriehen. Aucli die prophetische Psalmenstelle: „Höre, Tocliter,
neige Dein Ohr“ (Ps. 44, io), im Kanon des Festtages von den Sängern

1 Da ich clie Bilder nicht in allen alten Athos - Kirehen, in denen sie wieder-
kehren, hesehriehen hahc, kann die folgende Besprechung nieht auf Vollständigkeit
Anspruch erhehen.

2 Bcschriehen in der „'Epgrpha“, §. 161, „Handbucli“, §; 209.

3 Beschreihung und Abbildung sind in der Anmerkung auf S. 96 angegehen.

4 „Mrjvcuov“, (25.) März, S. 99 fg.
 
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